Der Traunstein

Der steil aufragende graue Steinkoloss wird geliebt, aber auch gefürchtet! Einerseits stellt seine bizarre Silhouette eingebettet in eine harmonische Umgebung stets ein wunderbares Motiv für Maler, Fotografen und Dichter dar. Auf einer Ansichtskarte aus Gmunden wird in der Regel die Kulisse des Traunsteins nicht fehlen. Hier eine von den vielen begeisterten Beschreibungen *): „Ich habe ihn sommersonnenüberbacken gesehen, herbstnebelwattiert, winterüberzuckert und frühlingsregengeputzt!“ Andererseits aber erfordern die schroffen Felswände vom Bezwinger unbedingt volle Konzentration, beste Kondition und die richtige Ausstattung, um heil auf den Gipfel und wieder ins Tal zu gelangen. Wer den Traunstein einmal erklommen hat, erlebt eine innere Befreiung überwältigt von dem grandiosen Rundblick! Das Erfolgserlebnis wird dann im Gipfelbuch vermerkt: „Auf'n Traustoan is weit, auf'n Traustoan is hoch, oba aufi kema samma doch!“ Jeder ist immer wieder gebannt ob der Einmaligkeit dieses Berges - egal ob man von unten hinauf oder von oben hinunter schaut!

Impressionen im Jahreslauf
Fotomontage: Dr. Fritz Reinitzhuber

Seine Entstehung

Vom Flachland kommend kann man den Traunstein schon von weitem als beherrschende Landmarke erkennen. Dies liegt weniger an dessen Höhe als vielmehr an seiner ins Alpenvorland vorgeschobenen isolierten Lage. Noch im 16. Jahrhundert galt der Traunstein als der höchste Berg in Oberösterreich, obwohl der Dachsteingipfel um fast 1000 Meter höher ist. In einer der ersten Landkarten Oberösterreichs wird der „Draunstein“ als „mont altissimus“ bezeichnet.

Draunstein anno 1583
Landkarten-Ausschnitt: Augustin Hirschvogel

Die vorgelagerte Position muss als Folge von geodynamischen Querstörungen bei der Bildung der Alpen vor etwa 40 Millionen Jahren angesehen werden. Bei der phasenweisen Heraushebung der Gebirge wurden die Kalkalpen in Schollen zergliedert, wodurch große steilstehende Störungen aufgetreten sind. Eine dieser Bewegungsbahnen mit Nord-Süd-Klüftung wurde von der Traun nach und nach erweitert und in Glazialzeiten vom Gletschereis ausgeschürft. Heute bedeckt das Wasser des Traunsees diese tektonische Fuge. Während des weiteren erdgeschichtlichen Verlaufs wurde das ursprünglich langgezogene Höllengebirgsplateau durchschnitten. So sind abgetrennte schroffe Einzelerhebungen übrig geblieben, nämlich die beiden Sonnsteingipfel und der etwa drei Kilometer nach Norden verschobene Traunstein. Solche Erdbewegungen finden immer noch statt: jedes Jahr hebt sich der Traunstein um etwa 0,6 Millimeter und driftet gleichzeitig mit bis zu 1,5 Millimetern nach Osten.

Geologischer Aufbau der Westwand
Foto: Dr. Fritz Reinitzhuber

Die Entstehung des Traunsteins ist geprägt durch Sedimentation, Faltung, Hebung und Deckenüberschiebung. Trotz dieser komplizierten und langandauernden Verläufe lässt sich dessen gegenwärtiger geologischer Aufbau relativ einfach darstellen. Der Berg besteht grundsätzlich aus zwei übereinanderliegenden Gesteinsschichten: einer Kalkdecke und einem Dolomit-Sockel. Die Kalkdecke überzieht in südwärts ausgerichteter Schräglage das gesamte Massiv. Die Trennlinie zwischen beiden Schichten ist wegen der Unterschiede hinsichtlich Farbe, Bewuchs und Verwitterung gut in der Westwand zu erkennen; sie verläuft von der am Seeufer gelegenen „Ansetz“ schräg nach oben zum Zierler-Berg (A/Z-Linie).

Die Verwitterung von Kalk und Dolomit findet auf unterschiedlichem Wege statt: im ersten Fall bewirken durch Kohlensäure ausgelöste chemische Prozesse die Entstehung von hartem porösem Karst, im zweiten Fall erfolgt bei wechselnder Temperatur und Feuchte auf physikalischem Wege eine Zertrümmerung des an sich brüchigen Gesteines. Diese verschiedenartigen Abtragskräfte sind ursächlich für den unterschiedlichen Aufbau des Traunsteins: oben auf dem Plateau herrscht pflanzenbedeckter Karst vor, darunter dominieren kahle Karstwände bis hinunter zum Seeniveau, im verbleibenden Zwickel aus Dolomit entstehen erosionsbedingte Geländeausprägungen in Form von hohen Felstürmen und tiefen Schluchten wiederum unterbrochen von Bewaldungen. Hier treten auch immer wieder Steinschläge und Bergstürze auf. Zudem verursachen die zahlreichen steil geneigten Schotterhalden bei starken Niederschlägen gefährliche Überschiebungen und Rutschungen am Fuße des Traunsteins. Zum Schutze des Menschen und der Natur sind gezielt Wildbachverbauungen als Maßnahmen gegen Überschwemmungen, Vermurungen und Lawinen vorgenommen worden.

Vermurung am Liasnbach 1951
Foto: unbekannter Urheber

Im Inneren des Berges hat eindringendes Karstwasser wegen der Porosität des Kalkgesteins tiefreichende Dolinen und ausgedehnte Gänge geschaffen. Die herabfließenden Wässer versickern im darunter liegenden fein zergliederten Dolomitgestein. An mehreren Stellen tritt wohl Wasser wieder zutage, als oberirdische Quellen (u.a. „Bründl", „Siebenbrünnlein", Kaltenbach, Einstieg Hernler-Steig) oder als unterirdische Quellen (im Laudachsee oder in wasserführenden Sedimenten des „Gschlief"). Überwiegend wird jedoch das Wasser unter dem Berg gespeichert und steht mit dem Traunsee im hydraulischen Gleichgewicht. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass das örtliche Wasserwerk seit 1999 dieses riesige Grundwasserreservoir heranzieht, um seine Trinkwasserversorgung sicherzustellen. Am Fuße des Traunsteins wird über drei Brunnen aus 90 Meter Tiefe eine Wassermenge von bis zu 7.000 m3 täglich gewonnen und über 8,6 Kilometer durch den See und die Traun verlegte Rohrleitung zum Hauptpumpwerk gefördert. Wegen der bis zu 10 Jahre langen Verweildauer in den Gesteinsschichtungen kann dieses vollkommen saubere Wasser ohne Aufbereitung direkt verwendet werden. Damit ist in Zukunft eine optimale Versorgung mit erstklassigem Trinkwasser für ganz Gmunden möglich geworden! Obwohl sich die beiden Traunsteinhütten genau über diesem unterirdischen See befinden, gibt es in der karstigen Umgebung oben auf dem Berg nicht das geringste Wasservorkommen. Es wird deshalb Regenwasser in Tanks gesammelt, gefiltert, mit Ozon desinfiziert und als Trinkwasser genutzt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die anfallenden Abwässer einer eigenen Pflanzenkläranlage zugeführt werden.

Seine geographische Lage

„Österreich ob der Enns" und damit auch das Traunsteingebiet ist bereits Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals umfassend kartographisch erfasst worden (Josephinische Landesaufnahme). Die handgezeichneten farbigen Kartenblätter geben neben punktuellen Höhenkoten auch Steigungen als in Falllinie gerichtete Schraffuren wieder. Sie dienten im Wesentlichen militärischen Zwecken und wurden geheim gehalten.
Die nächste flächige Kartierung wurde ab 1807 unter Einsatz von verbesserten Triangulierungsmethoden
systematisch in der gesamten Habsburgermonarchie durchgeführt (Franzisceische Landesaufnahme). So sind die felsigen Bereiche des Traunsteins im Jahre 1823 erfasst und ohne Schraffur als weiße Flächen ausgewiesen. Im Übrigen stellte dieses für jedermann zugängige Kartenwerk die Basis für ein umfassendes Liegenschaftskataster zum Zwecke einer verbesserten Grundsteuererhebung dar.

Josephinische und Franzisceische Landaufnahme vom Traunstein
Landkarten-Ausschnitte: mapire.eu/de

Lage des Traunsteins
Schemazeichnung: Dr. Fritz Reinitzhuber 

Geographisch wird das Traunstein-Massiv in jede Richtung hin klar abgegrenzt: vom Traunsee, vom Laudachsee bzw. der Laudach, vom Lainautal sowie vom Gschlifgraben. Das beschriebene Gebiet umfasst eine Fläche von mehr als 700 Hektar. Der Traunsteinrücken erstreckt sich - wie schematisch gezeigt - um 70 Grad schräg zum Traunsee versetzt. Das Plateau steigt vom Traunkirchner-Kogel (1.575 m) mit dem „Traunsteinhaus" über den Fahnenkogel (1.666 m) mit der „Gmundner Hütte“ zum höchsten Punkt, dem Pyramidenkogel (1.691 m). Der Fahnenkogel (ehemals Gmundner Kogel) erhielt seinen Namen, weil dort ab 1660 eine bewegliche dreiteilige aus Weißblech gefertigte Fahne aufgestellt war; der Pyramidenkogel (ehemals Scharnsteiner Kogel) heißt so, weil hier im Jahre 1858 eine trigonometrische Holzpyramide als Vermessungspunkt errichtet wurde. Am 20. August 1950 versammelten sich hier an die 3000 Menschen im Beisein des Bischofs zur feierlichen Einweihung des 10 Meter hohen Gipfelkreuzes, das an die gefallenen und verschollenen Soldaten beider Weltkriege erinnern soll. Dazu transportierten 800 freiwillige Träger in nur zwei Tagen rund 4000 Einzelteile nach oben. Jährlich wird eine traditionelle Bergmesse unter diesem Kreuz abgehalten.

Das Traunstein-Kreuz
Druckgraphik: Alarich Branberger

Am Bergesfuß gibt es mehrere Einkehrmöglichkeiten, u.a. beim Hois'n oder in der Ramsauer- und Mair-Alm, wo jeweils keine Almwirtschaft mehr betrieben wird. Von welcher Seite aus man den Berg auch betrachtet, immer zeigt er sich in einer anderen Gestalt: vom Osten weist er eine markante Keilform auf, vom Südwesten wirkt er als riesiger Felsenkopf, am eindrucksvollsten präsentiert er sich von seiner Breitseite mit einer aus dem Traunsee fast 1.200 Meter hohen aufragenden Westwand.

Ansichten aus verschiedenen Richtungen
Fotomontage: Dr. Fritz Reinitzhuber

Seine Steige

Wegen des ausgesetzten Geländes und des geringen Bewuchses ist das Traunsteinmassiv für Menschen eher als unwirtlich zu bezeichnen. Es kann angenommen werden, dass hier seit Urzeiten kaum Menschen für ihren Lebensunterhalt unterwegs waren. Dagegen stellte gerade eine solche Umgebung den idealen Lebensraum für unzählige Wildtiere dar, hier finden sie Nahrung, Unterschlupf und bringen ungestört ihren Nachwuchs zur Welt. Wahrscheinlich dürften es einheimische Waidmänner und Wilderer gewesen sein, die wegen der hervorragenden Gämsenpopulation den Berg zuallererst bestiegen hatten. Die Gämsen wurden damals von Jägern eingekreist, bis sie nicht mehr entkommen konnten und dann mit langen Spießen aus der Wand gestochen. Im Zuge ihrer Pirsch wagten sich Menschen über die weniger steilen Südhänge immer weiter nach oben, bis irgendwann der Gipfel erreicht war. Noch heute führen viele Jägerpfade hinauf bis zur Hochfläche.

Das Traunsteingebiet galt als beliebtes Jagdrevier der Habsburger. Es wurden hier exklusive kaiserliche Hofjagden abgehalten, so auch eine Treibjagd am 15. Oktober 1855 im Beisein von Kaiser Franz Joseph I, der acht Stück Gämsen erlegte, oder eine am 14. August 1885 mit Kronprinz Rudolf, dem der Abschuss sogar einer weißen Gams gelang. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann das Bergsteigen auch in breiteren Bevölkerungsschichten immer beliebter zu werden, gerade der abweisende Charakter dieses Felskolosses übte bei vielen Touristen eine unglaubliche Anziehungskraft aus. Die Anzahl der Traunsteinbesteigungen nahm stetig zu, u.a. auch weil bekannte Persönlichkeiten ihr Bergerlebnis in überschwänglichen Worten kundgetan hatten. Tatsächlich war damals ein solches Vorhaben nicht einfach zu verwirklichen, weil ja ein streng abgeriegeltes kaiserliches Leibgehege betreten wurde, wozu zunächst die Erlaubnis von der „k. k. Forst- und Domänendirection Gmunden“ eingeholt werden musste. Mit einem solchen Schein durfte man nur markierte Wege benutzen und war „für alle Unzulänglichkeiten“ selbst verantwortlich. Auf diese Weise sollte der illegalen Jagd vorgebeugt werden. Üblicherweise nahm man das Dampfschiff über den Traunsee bis zur Lainaustiege und ging am Lainaubach aufwärts zur Mairalm, wo man in der Regel übernachtete. Der Aufstieg erfolgte tags darauf vom „Kaisertisch“ über den damals einzigen erlaubten Steig zum Gipfel. Ohne Obdach war man allerdings gezwungen, bald wieder auf gleichem Weg die Rückkehr anzutreten.

Mit wachsender Zahl an Alpinisten kam der verständliche Wunsch auf, auf dem Traunstein eine Schutzhütte zu errichten. Diesbezügliche Gesuche vom „Gmundner Touristenklub“ an die kaiserliche Majestät wurden stets mit dem Hinweis abgewiesen, dass sich die Jagd mit dem Tourismus nicht vertragen würde. Endlich nach einem Vierteljahrhundert war 1907 der Bau eines einfachen Unterstands „ohne Feuerstellen und Türen“ bewilligt worden. Nach jahrelanger unermüdlicher Arbeit gelang den Mitgliedern der Ausbau zur heutigen urigen „Gmundner Hütte“. 1927 kam auf Initiative des Vereins „Die Naturfreunde“ noch das „Traunsteinhaus“ dazu. Beide Schutzhütten sind bis heute mit großem Aufwand mehrmals vergrößert und saniert worden.

Gmundner Hütte des ÖAV
Aquarell: Annemarie Reinitzhuber

Immer häufiger hatten sich unternehmungslustige Kletterer gefunden, den Traunstein unerlaubterweise von verschiedenen Seiten her über eigene Kletterrouten zu bezwingen. So wurde einer der bekanntesten Gmundner Bergsteiger, Hans Hernler, beim Klettern auf den Adlerhorst 1882 erwischt und wegen Wildfrevel zu drei Tagen Arrest verurteilt. Dennoch hat er im Laufe seines Lebens sechzehn Erstbesteigungen auf „seinen“ Berg unternommen. Um den Traunstein auch klettertechnisch zu erschließen, war von den alpinen Vereinen im Jahr 1905 der „Hernlersteig“ und im Jahr 1929 der „Naturfreundesteig“ angelegt worden. Der eine beginnt am Bründl unweit Hois'n und führt vom Seeufer westseitig direkt auf den Fahnenkogel, der zweite von der Lainaustiege über den Südwest-Grat zum Traunkirchner Kogel. Mit dem „Mairalmsteig“ die Südseite hinauf existieren drei beschilderte, markierte und entsprechend gesicherte Möglichkeiten, auf das Plateau zu gelangen. Darüber hinaus gibt es unzählige ungesicherte Aufstiege auf allen Seiten, die nur klettertechnisch versierten und erfahrenen Bergsteigern vorbehalten sind (u.a. Kaltenbachwildnis - Zierlersteig, Hohe Scharte - Ostgrad, Laudachsee - Hochkamp) sowie 183 zugelassene Kletterwände in allen Schwierigkeitsgraden. Das gesamte Traunsteingebiet samt dem Laudachsee wurde im Jahre 1963 unter Naturschutz gestellt, um die alpine Tier- und Pflanzenwelt in ihrer Ursprünglichkeit zu erhalten. Wenn Kletterhilfsmittel im Fels verbleiben, ist dafür bei den Österreichischen Bundesforsten eine Genehmigung einzuholen. In manchen Felswänden ist das Klettern grundsätzlich nicht mehr erlaubt, auch dürfen keine neuen Routen angelegt werden.

Ist endlich der Traunsteingipfel auf welchem Weg auch immer geschafft, dann wird das Erlebte mit Erleichterung festgehalten: „Herrliche Rundsicht! Weg beschwerlich, stellenweise nicht ungefährlich! Darum Vorsicht, dass man sich sein Genick nicht bricht!“. Bei gutem Wetter eröffnet sich ein grandioser Rundblick auf die bizarre Bergwelt des Salzkammergutes, hinaus über die bunten Ebenen des Alpenvorlandes und tief hinab auf den blauen Traunsee. An manchen Tagen im Frühling oder Herbst ist man überrascht, wenn nur noch wenige Bergspitzen aus dem brodelnden Grau eines riesigen Nebelmeeres herausschauen. Auf solche Eindrücke braucht man jedoch nicht verzichten, denn es lassen sich jederzeit die Panorama-Aufnahmen zweier oben am Berg installierter Webcams per Internet nachhause holen. Auf die Romantik einer klaren Nacht am Traunstein kann nicht genug hingewiesen werden: Bezaubernd der Lichterglanz um den Traunsee, erschaudernd der Blick hinauf zu den so nahe und hell funkelnden Sternen- ein unvergessliches Erlebnis!

Blick auf ein Nebelmeer
Foto: webcam.eu

Die Bergwelt des Traunsteins lässt sich auch ohne großen körperlichen Einsatz in der „Kaltenbachwildnis" erkunden - einem Naturparadies aus bizarren Felstürmen, wildgeformten Felsstürzen und tiefliegenden Schluchten. Vom Hois'n aus geht es auf einem guten Fußweg (eröffnet 1957) hinauf durch den Bannwald über Stufen und Brücken vorbei an Wassertobeln und einem Wasserfall bis zu einer Aussichtskanzel in 650 Metern Höhe. Ein weiterer lohnender Ausflug wäre, vom Umkehrplatz über den „Miesweg" (errichtet 1878) entlang des Ostufers zur Lainaustiege und auf einer Forststraße durch zwei Tunnel wieder zurück zum Ausgangspunkt zu gehen. Der gesicherte Steig windet sich unmittelbar an der Felswand knapp über der Wasseroberfläche des Traunsees entlang. Wer mehr Zeit zur Verfügung hat, kann das gesamte Traunsteinmassiv in einer abwechslungsreichen Tagestour umrunden. Zu empfehlen wäre, in Hois'n zu beginnen (oder mit der Seilbahn auf den Grünberg zu gondeln), dann über Laudachsee, Hohe Scharte, Mairalm, Lainaustiege, Miesweg bis zum Hois'n zu wandern (und fallweise dort das Schiff nach Gmunden zu nehmen).

Steige und Wege im Traunsteingebiet
Herbststimmung am Miesweg
Foto: pixabay.com

Mit Zunahme der Traunsteinbesteigungen durch Alpinisten aus Nah und Fern häufte sich die Zahl der Bergunfälle. Ein entsprechend strukturiertes Rettungswesen war damit zwingend notwendig geworden, so dass von einigen beherzten bergerfahrenen Männern im Jahre 1920 die „Gmundner Bergrettung“ gegründet wurde. Die Grundsätze von damals gelten auch heute noch: Alle Einsätze der voll ausgebildeten Kräfte erfolgen im Team stets auf freiwilliger und ehrenamtlicher Basis zu jeder Tages und Jahreszeit in Zusammenarbeit mit örtlichen und überörtlichen Stellen. Zur Grundausstattung kam nach und nach modernste Technik dazu, wie GPS-Geräte, Wärmebildkamera, Funkgerät und Stirnlampe. Darüber hinaus erfolgt die Bergung von Verletzten in alpinem Gelände bei geeigneten Wetterbedingungen fallweise auch durch den Einsatz von Hubschraubern.

Die Ursachen für Bergunfälle sind vielfältig, diese liegen teils beim Menschen (Kondition, Ausrüstung, Leichtsinn, Suizid), teils an der Umwelt (Steinschlag, Lawinen, Glatteis, Wetter). Ein schockierendes Ereignis sei in diesem Zusammenhang erwähnt: Ein absoluter Kenner des Berges, Josef Zalud, war unfassbare 3.768 Mal auf dem Traunstein, beim 3.769. Mal am 26. Dezember 1998 endete sein Ausflug tödlich, als er in (un)gewohnter Weise auf dem „Hosenboden“ über eine Steinhalde den steilen Käshofgraben hinunter rutschen wollte, mit den Fersen nicht abbremsen konnte, sich überschlug und in die Tiefe stürzte. Seit 1898 wird eine Statistik über alle Vorkommnisse am Traunstein geführt, also über tödliche Unfälle, über die Rettung von in Not geratenen Bergsteigern und auch soweit möglich über spurlos Verschwundene. Die Zahlen sind erschreckend hoch, ständig kommen neue tragische Ereignisse dazu. Jährlich gibt es zumindest einen tödlichen Absturz und über 30 Noteinsätze durch Bergretter. Am Fuß des Traunsteins steht ein Gedenkstein mit einem Buch aus Metall, wo all jene namentlich eingraviert sind, die auf dem Berg ihr Leben gelassen haben. Im Seeschloss Ort informiert seit einigen Jahren eine sehenswerte Ausstellung über das Bergrettungswesen unter dem Thema „Mythos Traunstein“.

Sein Gebirgsklima

Der Traunstein hat sein ganz eigenes Klima! Hier liegen gänzlich andere Wetterbedingungen vor als in der unmittelbaren Umgebung wegen seiner dem Alpenrand vorgeschobenen Randlage, seiner Form und Höhe, seiner Stauwirkung bei Luftströmungen sowie seiner Nähe zum Traunsee. Für eine Bergtour auf den Traunstein muss man sich deshalb auf unterschiedlichste meteorologische Einflüsse einstellen. Man muss wissen, dass auf allen Routen bei offenem Wetter stets eine extreme Sonneneinstrahlung und Wärmerückstrahlung vom Fels vorherrscht, dass die Lufttemperaturen höhenwärts um etwa 8°C absinken, dass unerwartete böige Fall- und Aufwinde gemeinsam mit Stauniederschlägen und Steigungsregen anfallen, dass die heftigen Gewitter Steinschläge auslösen, dass Blitze nicht selten in die stählernen Wegesicherungen einschlagen, dass feuchte Luft im Gipfelbereich zur Kondensation neigt, weshalb die Tritte stellenweise glatt oder vereist sind, dass sich im Winterhalbjahr in nach Norden gerichtete Rinnen gewaltige Schneemassen ansammeln und lange verbleiben, dass nicht einsehbare Schneewechten entstehen, die bei bestimmten Wetterlagen abbrechen und als Lawinen zu Tal donnern. Solche wetterbedingten Ereignisse sind an sich nicht ungewöhnlich und können in jedem Hochgebirge vorkommen, aber auf zwei nur den Traunstein betreffende Phänomene muss hingewiesen werden: auf das milde Kleinklima „Unterm Stein" und auf den gefürchteten „Viechtauer".

Mehrere Kriterien sind maßgebend, warum am Fuße des Traunsteins die Hänge früher aper werden, Frühlingsblumen eher sprießen sowie Obstbäume aller Art prächtig blühen und gedeihen. Dies liegt daran, dass föhniger Wind entlang der schützenden Westwand das besonnte Ufer bestreicht und dabei im Fels gespeicherte Wärme mitnimmt, und dass gleichzeitig von der Seeseite her die Speicherwärme des Wassers aber auch die Reflexion des Wasserspiegels ein begünstigtes Mikroklima mit deutlich weniger Frosttagen entstehen lässt. Im Sommer, wenn der Ostwind über den Traunsee weht, wird das Oberflächenwasser an das Westufer getrieben und kaltes Auftriebswasser an den Flanken der Berges nach oben bewegt. Dann ist ein Bad „Unterm Stein" ein kühles Unternehmen. Der häufiger auftretende Westwind dagegen treibt warmes Oberflächenwasser an den Berg und lädt zum Baden ein.

Tiefdruckgebiete, die sich vom Westen her am Alpenrand entlang bewegen, umgehen aus meteorologisch erklärbaren Gründen weitgehend hohe Erhebungen. Deshalb strömen solche eher im Sommer auftretende Unwetter nördlich am Höllengebirge vorbei und weiter durch eine Geländefurche zwischen Grasberg und Kollmannsberg. In dieser Senke erstreckt sich die Streusiedlung Viechtau. Die Einengung bewirkt eine Geschwindigkeitserhöhung der Luft. Starkwinde stürzen dann orkanartig mit heftigen Regengewittern zum Traunsee hinunter. Dieser „Viechtauer" hat schon immer vielen Seglern das Fürchten gelehrt. Auf seinem weiteren Weg gelangt er zum gegenüber liegenden Traunstein, der breit wie ein Prellbock im Wege steht. Teils kommt es an den Felswänden zu extremen Aufwinden, großteils wird aber der Sturm in Richtung Gmunden umgelenkt. Solche bergauf strömenden Winde sind unberechenbar und bereiten den Hubschrauberpiloten bei ihren Rettungseinsätzen erhebliche Schwierigkeiten. Dagegen freuen sich die Paragleiter, wenn sie je nach Sonneneinstrahlung die gleichmäßigen thermischen Aufwinde möglichst lange nutzen können.

Seine Pflanzen- und Tierwelt

Der Traunstein stellt wegen seiner isolierten Lage ein einzigartiges Feld für vegetationsgeschichtliche Forschungen dar, denn hier konnte sich die alpine Flora weitgehend ungestört seit der Eiszeit entwickeln. Namhafte Botaniker haben schon frühzeitig die Standorte einzelner Pflanzen am Seeufer und an den Berghängen erfasst, Herbarien und Zettelkataloge angelegt, und darüber wissenschaftliche Expertisen verfasst. Der geologische Aufbau des Berges ist entscheidend für den Bewuchs, sein Fels lässt wie erwähnt über die Höhe grundsätzlich eine Zweiteilung erkennen: die harte Kalkschicht im oberen Teil ist fast frei von Vegetation - nur auf der Gipfelhochebene dominieren die Latschen zwischen Polsterrasen, während die Basis aus brüchigem Dolomit weitgehend mit lockerem Wald überzogen ist. Dennoch gibt es eine Verzahnung zwischen diesen Pflanzenstufen, weil sich in Spalten und Klüften die Vegetation beider Regionen beliebig festgesetzt hat. So ist eine alpine Flora mit rund 50 Arten auf Halden wie auch an exponierten Stellen zu finden. Zu allen Jahreszeiten entfaltet sich eine unnachahmliche Pracht aus unzähligen Wildblumen und Gräsern, wie u.a. das lilarote „Jagabluat", der blaue Enzian und das seltene Edelweiß! Erwähnt sei noch die „Weisse Silberwurz", die in glazialer Zeit aus nördlichen Tundren vor dem Eise fliehend hier eine neue Heimat fand. Der große Artenreichtum belegt die hohe Schutzwürdigkeit dieses gesamten hochsensiblen Naturraumes.

Weisse Silberwurz (Dryas octopetala)
Foto: Wikipedia

Am Traunstein selbst halten sich die vegetationslosen und bewaldeten Gebiete in etwa die Waage. Die Waldflächen in Tieflagen mit etwa 330 Hektar dienen vornehmlich zum Schutz vor Stein- und Schneelawinen, der reine Wirtschaftswald umfasst lediglich 50 Hektar. Als wichtigste Baumart wäre die Fichte zu nennen, darüber hinaus existieren über 40 unterschiedliche Nadel- und Laubgehölze sowie wärmeliebende Bäume und Sträucher entlang der Seeuferzone. Ein Borkenkäferbefall wird nur selten festgestellt. Ausgelöst durch Blitze oder durch Menschen kam es gelegentlich zu Waldbränden. Noch heute erinnert der „Brandgraben“ am Hernlersteig an ein solches Ereignis aus dem Jahre 1811, und in den 1940ern wurde ein Kiefernbestand am Überstieg beim Naturfreundesteig durch eine Feuersbrunst gänzlich vernichtet. Eine Brandbekämpfung hoch oben am Berg war in früheren Zeiten praktisch unmöglich, und ist auch heute nur mit Schwierigkeiten zu bewältigen. Das Löschwasser muss vom See mit Hilfe von Hubschraubern herangeschafft werden, um das Feuer in oftmals tagelangen Einsätzen unter Kontrolle zu bringen.

Waldbrand am Traunstein 1990
Foto: FF Gmunden

Hubschrauber-Löscheinsatz 1968 
Foto: FF Gmunden

Über Jahrtausende hat sich weitgehend ungestört in dem begrenzten Lebensraum des Traunsteins eine eigene Tierwelt entwickeln können. Die hier lebenden Wildtiere haben sich an die örtlichen und klimatischen Gegebenheiten sowie an das jeweilige Futterangebot perfekt angepasst. In der Folge entwickelten sich bedeutende Bestände an Gamswild, Hoch- und Niederwild sowie an Federwild. Bedingt durch die kaiserlichen Hofjagden ist manche Spezies stark dezimiert oder fast ausgerottet worden. Heute existieren nur wenige Hirsch- und Rehbestände im Revier, der Auer- und Birkhahn ist kaum anzutreffen, der Schneehase äußerst selten, Stein- und Fischadler sind völlig verschwunden. Die Berghoheit haben unbedingt die Gämsen und die Lufthoheit die Bergdohlen! Heute weiden etwa 200 Gämsen bevorzugt an den höherliegenden südlichen Sonnenabhängen und an den Nordabstürzen des Traunsteins. Seltener anzutreffen sind Fuchs, Marder, Dachs sowie Kriechtiere wie Kreuzottern und Eidechsen. Ornithologen haben erkundet, dass über 100 Vogelarten den Berg bevölkern, manche als ständige Bewohner manche gelegentlich als Durchzügler. In den 10 Jagdrevieren im Traunsteingebiet wird besonders darauf geachtet, einen gesunden Wildbestand zu erhalten.

Der scheue Schneehase
Foto: Dr. Christoph Mizelli

Seine gleichnamige Ortschaft

Zwischen den Abhängen des Traunsteins und den Ufern des Traunsees erstreckt sich der Landstrich „Unterm Stoa“. Bergabstürze versperren den Süden, nur nach Norden besteht ein begehbares Uferband. Und genau hier unmittelbar am Wasser entlang stehen Wohngebäude in langer Reihe nebeneinander. Zu jedem Haus gehörte früher eine eigene Bootshütte, weil wegen der schlechten Erreichbarkeit zu Fuß alle Besorgungen übers Wasser zu erfolgen hatten. Mit Plätten oder „Schupfern“ fuhr man zur Taufe und zur Hochzeit, ebenso brachte man auf Booten seine Toten zur Beerdigung.

Die Besiedlung dieser schwer zugänglichen Gegend hat einen historischen Hintergrund: Flüsse und Seen stellten seit frühesten Zeiten die mit Abstand bequemsten Verkehrswege dar, um damit Personen und Waren zu transportieren. Ein urkundlicher Nachweis aus dem Jahre 826 gibt Aufschluss über eine bereits rege Salzschifffahrt von Ebensee nach Gmunden. Eine durchgehende Straßenverbindung gab es nicht; nur auf dem Wasserwege konnte man ans Ziel gelangen. Im Spätmittelalter waren jährlich mehr als tausend Salzzillen auf dem Traunsee unterwegs, anno 1721 sogar 1.631 Schiffe! Zum Schutz gegen Nässe wurden die in der Saline Ebensee hergestellten „Fudern“ (56 kg-Salzkegel) während der Überfahrt mit Stroh abgedeckt. Die Passage erfolgte bei günstigem Wind, der ein Setzen des Segels ermöglichte, direkt nach Gmunden, ansonsten musste wegen der vom Ufer aufragenden Felsabbrüche bis zum nächstmöglichen Landeplatz, der „Ansetz“, am Fuß des Traunsteins mit erheblichem Körpereinsatz gerudert werden.

Zillen mit Salzfudern verlassen Ebensee
Aquarell: Hans Hager

Diese Anlegestelle spielte insofern eine wichtige Rolle, als hier die Salzschiffe „ansetzten“ und diese dann von Pferden etwa sechs Kilometer am Ufer entlang in die Stadt weiter getreidelt wurden. Zu diesem Zweck mussten die Bootshütten mit Seilbäumen bestückt sein, um ein sicheres Darübergleiten der Zuggespanne zu ermöglichen. Auch der „Traunsee-Marmor“, ein beliebter Bau- und Dekorstein, wurde vom Abbaugebiet am Erlakogel wie auch Holzdriften von der Lainaustiege aus in gleicher Weise verfrachtet. Im „Gegentrieb“ waren die Zillen mit diversen Lebensmitteln und Gebrauchsgütern beladen. Zusätzlich zu den Salzschiffen verkehrten auch Personen- und Wallfahrtsplätten. Es herrschte also ein reger Verkehr zu Wasser und zu Lande!

Mit privaten Fuhrwerksunternehmen, den „Rossbauern“, wurden „Seerittverträge“ abgeschlossen: z. B. für pauschal 70 Kreuzer pro Schiff hin und zurück! Im 17. Jahrhundert gab es neun solcher Unternehmer, die an den Hängen von Traunstein und Grünberg auf kleineren Landwirtschaften („Seekufen“) die benötigten Pferde hielten. Das heutige Forsthaus wurde ursprünglich als Stall für die Treidelpferde errichtet und bis etwa 1836 als solcher genutzt. Für die Versorgung der Fuhr- und Schiffsleute lagen etliche Wirtshäuser am Weg, hier entlang bauten und reparierten „Schöffwerker“ die Zillen, das dafür benötigte Holz aber auch Brennholz kam aus den umgebenden Forstrevieren; es gab kleine Mühlen, wo reines gipshaltiges Gestein aus dem Gschlif zerkleinert und nach einem Brennprozess fein gemahlen wurde, aus einer Schottergrube konnte Baumaterial bezogen werden, darüber hinaus existierten verschiedene kleinere Handels- und Handwerksbetriebe - kurzum im Laufe der Zeit entwickelte sich entlang des Ostufers ein lebendiges Gemeinwesen - die 4.660 Hektar umfassende Katastralgemeinde „Traunstein“ innerhalb der Herrschaft Ort mit etwa 200 Einwohnern!

Zillen und Dampfer auf dem Traunsee (Mitte 19. Jahrhundert)
Fayencemalerei auf einem Keramikkrug: Franz H. König

Der technologische Fortschritt bewirkte im 19. Jahrhundert überörtliche und in der Folge auch örtlich gravierende Strukturveränderungen. 1836 wurde die Pferdeeisenbahn von Gmunden nach Budweis eröffnet, das Salz brauchte somit nicht wie bisher mit Schiffen die Traun hinunter sondern konnte problemlos auf Schienen weitertransportiert werden. Diese Lösung war kostengünstiger, insbesondere weil die schweren Fluss-Schiffe, die „Trauner“, nicht mehr benötigt wurden mit schwerwiegenden Auftragsausfällen für die Schiffsbauer. Kurz darauf kam es zur nächsten Krise: 1839 wurde erstmalig am Traunsee ein dampfbetriebenes hölzernes Schiff, die „Sophie“, in Betrieb genommen, das sodann zwischen Gmunden und Ebensee regelmäßig pendelte. Dieses beförderte nicht nur Reisende und deren Kutschen sondern übernahm auch den Schlepp der Salzzillen. Auf einmal waren die Seerittverträge hinfällig geworden, woraufhin die gesamte mit dem Treideln zusammenhängende Infrastruktur zusammengebrochen war. Schiffsleute, Pferdeknechte, Zillenbauer verloren ihre bisherige Existenzgrundlage, sie mussten sich um andere Tätigkeiten bemühen und waren dann z.B. als „Seefiaker“ saisonweise beschäftigt.

Ein gewisser Lichtblick stellte die Eingemeindung der Ortschaft Traunstein in das Stadtgebiet von Gmunden im Jahre 1849 dar. Eine durchgehende Straßenverbindung, so hoffte man, würde eine Befreiung aus der Randlage mit sich bringen, aber es hat noch fast ein halbes Jahrhundert gedauert, bis der Wunsch in Erfüllung ging. Erst 1896 war eine schmale Schotterstraße von Gmunden entlang des Ostufers bis unter den Stein (heute „Umkehrplatz“) hergestellt worden.

Gedenkstein anlässlich der Fertigstellung der Traunstein-Straße
Foto: K-Hof Museum Gmunden

Das am Fuß des Traunsteins vorkommende Kalkgestein hat sich für die Erzeugung von Branntkalk als sehr geeignet herausgestellt. Immer schon sind hier an Schutthalden kleinere holzbefeuerte Kalkbrennöfen betrieben worden. Daraus entwickelte sich ab 1870 das Unternehmen „Gmundner Kalkwerk GmbH“ mit insgesamt vier größeren Ofeneinheiten. Im Ofenschacht laufen folgende Prozesse ab: Lagen aus Kohle werden abwechselnd mit Kalksteinlagen aufgeschichtet, nach dem Anheizen von unten wird das Gestein langsam durchglüht, Wasserdampf und Kohlensäure entweichen, es entsteht „gebrannter“ Kalk, der mit Wasser versetzt als „gelöschter“ Kalk ein vielseitiger Rohstoff in der Bau- und Agrarwirtschaft darstellt. Das Endprodukt wurde in Güterloren über Geleise auf Pontons aus Baumstämmen geschoben und von dem Motorschiff namens „Propeller“ zur Verladestation am inzwischen fertiggestellten Seebahnhof Gmunden geschleppt. Im Gegenzug waren die Loren mit Kohle beladen. Da die Lagerstätten am Traunstein bald nicht mehr ausreichten, wurden die Pontons auch zur Anlieferung von Kalkstein aus Steinbrüchen am Erlakogel herangezogen. Mit den Produktionsanlagen waren noch Verwaltungsgebäude und Werkstätten sowie drei Werkswohnhäuser für die im Schichtdienst Beschäftigten errichtet worden. Die Branche entwickelte sich blendend, auch deshalb weil der „Echte Traunsteiner Kalk“ geschickt vermarktet wurde. So erfolgte beispielsweise ein Kalkverkauf immer dienstags am Gmundner Wochenmarkt direkt vom Schiff heraus. Das Gestein aus den Schutthalden ging zur Neige, neue Steinbrüche wurden behördlicherseits nicht zugelassen, die Transportwege übers Wasser waren zu teuer geworden, alles Gründe weshalb nach mehreren Besitzerwechseln das Werk nach fast einhundert Jahren geschlossen werden musste; 46 Beschäftigte wurden entlassen und die Werksanlage abgerissen.

Die beiden „hinteren“ Kalkbrennöfen unterm Stein
Foto: K-Hof Museum Gmunden

Als nach wie vor örtlich wichtiger Wirtschaftsbereich ist die Forstwirtschaft übrig geblieben. Dieses Revier**) umfasst mit einer Fläche von insgesamt 6.800 Hektar die Gebiete südlich und östlich des Traunsteins. Allerdings kann nur knapp ein Drittel davon als Wirtschaftswald genutzt werden, die restlichen Flächen bestehen aus Bannwald, wenigen Wiesen und viel Felsgelände. Hauptsächlich „Traunstoana“ fanden und finden hier als Waldarbeiter ihr Einkommen: früher waren etwa 40 Mann im Einsatz, heute sind es je nach Arbeitsanfall nur noch eine Handvoll.

Die Erschließung des Reviers erfolgt von zwei Seiten her. Während das Laudachtal auf dem Landwege einfach zu erreichen ist, ist das Lainautal nur schwer zugänglich, weil dieses von Gebirgen umschlossen und zum Traunsee hin durch einen Felsabbruch versperrt ist. Um dennoch den dortigen Waldreichtum zu nutzen, wurde im Laufe der Zeit die Öffnung des abgelegenen Lainaugebietes in mehreren Schritten vorgenommen:

1607: Mit Inbetriebnahme der Saline in Ebensee war die Nachfrage an Holz für die Salzerzeugung aber auch zur Zillenfertigung erheblich angestiegen. Zur Deckung dieses Bedarfes boten sich die Wälder im Lainautal wegen ihrer Nähe und der einfachen Erreichbarkeit auf dem Wasserweg als besonders geeignet an. Die ursprüngliche Erschließung des Lainautales mit Fußwegen erfolgte vom See her über die „Lainaustiege“. Der Zutritt zur Lainaustiege war früher nur unter Zuhilfenahme eines Bootes möglich. Der Miesweg von der Ansetz her wurde erst 270 Jahre später errichtet. Die Holzbringung erfolgte zunächst im oberen Bachabschnitt mit Hilfe der Trift. Um für den Triftbetrieb genug Wasser zu haben, wurden im Verlauf des Tales zwei Klausen eingerichtet. Das Rundholz wurde sodann über eine Wasserriese weitertransportiert. Diese verlief nicht im Bachbett sondern den Hang entlang in ausgeglichener Neigung und mündete vor einer 20 Meter hohen Felswand, von wo die Hölzer in den See gestürzt wurden. Das Nadelholz hat man dann mit Ketten und Klampen zu Flössen verbunden und mit Manneskraft nach Ebensee verfrachtet. Der jährliche Einschlag dürfte nach heutiger Maßeinheit bei jährlich 2.500 fm gelegen haben.

Flößer am Traunsee
Aquarell: Annemarie Reinitzhuber

1850 hat man die Salinenverwaltung Ebensee in die Bereiche „Salzproduktion“ und „Holzproduktion“ aufgegliedert und zwei voneinander völlig unabhängige und selbständige Betriebe geschaffen. Das war auch gewissermaßen die Geburtsstunde für die Österreichischen Bundesforste (ehemals Forst-Ärar, Staatsforste, etc.). Ab dieser Zeit erfolgte eine exakte territoriale Aufteilung der Waldflächen auf einzelne Forstverwaltungen. Holz an die Saline wurde daraufhin nur mehr über ausdrückliche Anforderung geliefert. Diese Neuorganisation brachte auch Veränderungen im Lainautal mit sich.

1887: Die beschriebene Holzbringung war arbeitsintensiv und mühsam, in hohem Maße vom Wetter abhängig und mit vielen Wartungs- und Erhaltungsarbeiten verbunden. Dies führte letztlich zur Entscheidung für die Errichtung eines Forstweges (ohne öffentlichen Anschluss) für den Holztransport mit Pferden und einfachen Wagen. Das war für diese Zeit schon eine Meisterleistung, da etwa die Hälfte der Strecke in den anstehenden Fels gesprengt und zahlreiche Brücken und Stützmauern errichtet werden mussten. Der Weg konnte nicht unmittelbar zum Traunseeufer sondern etwa 100 Höhenmeter über dem Seespiegel zu einem kleinen Zwischenlager geführt werden. Um den Höhenunterschied zu überwinden, errichtete man eine Holzriese in der steil abfallenden Felslehne hinunter zum See. Das Rundholz wurde aus allen Revierteilen auf diesem Weg zur Lainauhöhe gebracht, es über die Holzriese direkt ins Wasser gleiten lassen, es dort in „Holzbögen“ zusammengefasst und schließlich mit Hilfe von Dampfschiffen später mit Motorschiffen zur Saline nach Ebensee oder zu Sägewerken nach Gmunden geschleppt. Das Laubholz hat man - wegen der hohen Sinkverluste - zumeist auf Schiffe verladen und in Gmunden am „Lehenaufsatz“ als Brennholz verkauft.

1948: Die Holzbringung erfolgt nunmehr mit Lastkraftwagen. Diese mussten an Ort und Stelle aus Einzelteilen zusammengebaut werden. Von der Lainauhöhe bis zum Seeufer gab es eine eigene Seilbahn, mit der das Laubholz problemlos abtransportiert werden konnte.

1962/63: Ein Betrieb mit mehrmaligen aufwändigen Arbeitsgängen, einhergehenden Mengen- und Qualitätsverlusten, die schlechte Erreichbarkeit und isolierte Lage des Forstreviers beeinträchtigte dessen wirtschaftlich sinnvolle Nutzung auf Dauer. Deshalb entschloss man sich nach eingehender Planung, die Lainau-Forststraße an die Traunstein-Straße und damit an das öffentliche Straßennetz anzubinden. Dazu galt es, einen 510 Meter langen tunnel- und galerieartigen Durchbruch durch die Westwand des Traunsteins sowie eine Brücke über die Lainau zu realisieren. Zudem wurde die alte Forststraße bis zur Mairalm durchgehend verbreitert und das Forststraßennetz des Reviers in den heutigen Grundzügen systematisch ausgebaut. Heute kann der Holzeinschlag im Forstrevier Traunstein mit etwa 12.000 fm nachhaltig beziffert werden.

Die neue Straßenverbindung dient forst- und jagdwirtschaftlichen Zwecken und ist für den allgemeinen Verkehr nicht zugelassen. Fallweise wird diese Straße von der Bergrettung sowie der Feuerwehr für schnellere Einsätze Vorort herangezogen. Immer dann wenn am Traunsteinkreuz die jährliche Bergmesse stattfindet, werden Gläubige ausnahmsweise bis zum südseitigen Einstieg am Kaisertisch mit Bussen hin und von dort wieder zurück gebracht. Die Lainaustiege wird in Verbindung mit dem Miesweg heute ausschließlich noch von Touristen begangen. Im Übrigen ermöglichte die neue Lainaubrücke die Verlegung des Naturfreundesteigs entlang einer weniger ausgesetzten Route.

Traunstein und Traunsee bieten die ideale Basis für einen einzigarteigen Berg- und Seetourismus! So war es nicht verwunderlich, dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Aristokratie, das gehobene Bürgertum sowie viele Künstler aus dem In- und Ausland in zunehmendem Maße als Gäste in die „Curstadt“ Gmunden kamen, manche sich dort auch dauerhaft niederließen, und so u.a. die Vorzüge der Uferregion unterm Stein schätzen lernten. Bei den Sommerfrischlern besonders beliebt waren Vergnügungsfahrten entlang des Sees mittels Pferdezug. Wegen des schlecht begehbaren Treidelpfades ist man in der Regel aber angewiesen gewesen, sich mit Ruder- oder Segelbooten über den See aufzumachen, die spektakuläre Landschaft auch aus der Nähe zu erleben. Um Abhilfe zu schaffen, wurden die Raddampfer „Elisabeth“ (1858) und „Gisela“ (1872) in Betrieb genommen, die der technischen Entwicklung entsprechend stählerne Schiffskörper aufwiesen. Nunmehr konnte das Ostufer über zahlreiche Anlegestellen und damit die gastronomischen Betriebe sowie Wanderziele am und um den Traunstein mühelos erreicht werden. Ab dann gehörten Unterhaltungs- oder Abendfahren mit dem Dampfschiff zum Ferienvergnügen. Darüber hinaus wurde das Wegenetz mit Errichtung des Miesweges und des Gassner-Steiges über die Hohe Scharte erweitert. Nach Fertigstellung der Traunsteinstraße konnten Kutschenfahrten zum beliebten Gasthaus „Zum König von Hannover“ nahe dem Kalkwerk unternommen werden. All dies war der Beginn eines frühen Tourismus, dem bis zur Gegenwart eine maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung in der gesamten Traunsteinregion zukommt.

... ein Schatz Gmundens

Der Traunstein mit Schloss Ort wird auch auf vielen Keramiken verewigt, wie Tellern, Schüsseln, Krügen, Fliesen, was zeigt, dass er wirklich ein Schatz Gmundens ist!

Keramikfliese mit Traunstein (Emilie Schleiss)
Foto: Dr. Fritz Reinitzhuber

Diesen Beitrag verfasste Dr. Fritz Reinitzhuber im April 2021.

Koordinaten: 47° 52' 25" N, 13° 50' 26" O

Fußnoten:

*) lt. Staudinger M.: https://www.bergwelten.com/lp/der-schoene-am-see-traunstein (2020) **) lt. Mitteilung von OFö Schallmeiner J. und RL Ing. Mößler S. (2021)

Verwendete Literatur:
Moser, Roman: 700 Jahre Stadt Gmunden (1978), S. 97-120
Gmunden - Kurstadt am Traunsee (1994), S. 160-186
Mizelli, Christoph: Mythos Traunstein (2016), ISBN 978-3-903011-22-9
Mizelli, Christoph: Traumberg Traunstein (2020), ISBN 978-3-903011-59-5
Hager, Hans: Die Traun - ein uralter Salzhandelsweg (1996), ISBN 3-85320-802-9
Höllwerth, Holger und Eckhard: Unterm Stein in früherer Zeit (2011)
Krackowizer, Ferdinand: Geschichte der Stadt Gmunden (1898), Bd. I., S. 234-240
Wagneder, Hans: Seefiaker von Gmunden (2017)