Älteste Stadtschule im Habacherhaus

  
Der linke und rechte Teil des Doppelhause
Im linken Teil befand sich einst das Schulhaus; dann im rechten und linken Teil die Druckerei Habacher.
Fotos: Holger Höllwerth

Dieses vis-a-vis dem Haupteingang der katholischen Pfarrkirche gelegene Doppelhaus gehörte ursprünglich der Stadt Gmunden und diente als Schulgebäude. In ihm war die sog. Stadtschule untergebracht. Als das Objekt für die wachsende Schülerzahl zu klein wurde, wurde in der Habertstraße ein neues größeres Schulgebäude errichtet. Das ehemalige Schulhaus Kirchenplatz 1 wurde 1858 an die Buchdruckerfamilie Habacher verkauft. Seit damals trägt es den Namen Habacherhaus.

Im heute roten Teil des Hauses befand sich seit dem ausgehenden Mittelalter eine Schule. Ursprünglich war dies eine „Latein-Schule“, später eine „Deutsche Schule“. In Jahr 1575 ist dieses Haus ganz abgebrannt. Noch im selben Jahr wurde es wieder aufgebaut und im folgenden Jahr um den heute gelben Teil des Hauses erweitert. Die Räume wurden für die Wohnung eines Lehrers und dessen Gehilfen genutzt.

Der wichtigste in dieser Schule wirkende Lehrer war Johann Nepomuk Wolf. Er ist auch der Verfasser der „Wolf-Chronik“. Sie nutzte Dr. Ferdinand Krackowizer auch für sein dreibändige „Geschichte der Stadt Gmunden“.

J. N. Wolf wurde 1777 in Unterhaid/Böhmen geboren, trat 1798 als Schulgehilfe seinen Dienst in Gmunden an, war von 1807-1811 Schullehrer in Hallstatt, ab 3. Jänner 1811 Schullehrer in der Stadtschule Gmunden. Am 17. Jänner 1824 erhielt Wolf vom Magistrat die Auszeichnung „Musterlehrer“. J. N. Wolf starb im Jahre 1842.
Der Lehrer war war sowohl literarisch als auch musikalisch äußerst bewandert, in seinem Nachlass fanden sich Erstausgaben von Haydns „Schöpfung“ und „Jahreszeiten“, ebenso war er zu Beethovens Begräbnis geladen. Er gründete in Gmunden den sogenannten „Lesezirkel“ – insofern bedeutend, als zu dieser Zeit doch ein eher kleinbürgerlicher Geist herrschte, außer der Stadtschule gab es keine weiterführenden Schulen; neben Lesungen und Leihbüchern wurden Ausflüge und Feste im Kammerhof und auf der Wunderburg organisiert.
1825 war Franz Schubert des Öfteren bei der Familie Wolf zu Gast – neben Wolfs Musikverständnis war wohl die Musikalität von Wolfs Tochter Nanette ein besonderer Anreiz. Mit ihr hat er häufig vierhändig musiziert. Außerdem sang der Opernsänger Johann Michael Vogl zu Nanettes Klavierbegleitung die neuesten Schubertlieder.
1830 führte der Dichter Matthias Leopold Schleifer Nikolaus Lenau bei der Familie Wolf ein. Lenau war von Nanettes vollendetem Klavierspiel und ihrem Gesang so gefesselt, dass für ihn die Besuche im Gmundner Schulhaus bald zu einer lieben täglichen Gewohnheit wurden. Lenau hat ihr sogar einige seiner Gedichte gewidmet. Über dessen Beziehung zu Nanette Wolf gibt es sogar ein eigenes Buch: Wolfgang Pauker, Lenaus Freundin Nanette Wolf in Gmunden, 1923.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Schülerzahl ständig zu: 1810 wurden in der Stadtschule 256, 1856 bereits 444 Schüler unterrichtet. Angesichts dieses rasanten Anstiegs war die Stadt gezwungen, ein den Anforderungen entsprechendes großes Schulhaus zu bauen. 1844 errichtete man in der heutigen Habertstraße ein neues einstöckiges Schulhaus mit vier Schulzimmern und einer Direktorwohnung (= neue Stadtschule). Das Haus Kirchenplatz 1 stand nun kurz leer. 1845 erwarb das Tapezierer-Ehepaar Gärber das Haus.
1856 übersiedelte die Buchdruckerei Habacher vom Haus Kirchengasse 9 in dieses Haus. Dieser Betrieb war die erste in Gmunden gegründete Druckerei. Der aus Wels gebürtige Johann Habacher hatte seinen Betrieb am 31. Mai 1851 im Haus des Fischers Leopold Fischill Kirchengasse 9 eröffnet. 1858 kaufte Habacher den Ehegatten Anton und Theresia Gärber diese Liegenschaft ab. Der Druckraum der Druckerei befand sich im gelben Teil, die Setzerei und ein kleiner Verkaufsladen im roten Teil.
Das wichtigste Erzeugnis dieser Druckerei war ab 1851 das liberale „Gmundner Wochenblatt“. Sie wurde mit Beginn des Jahres 1900 in „Gmundner Zeitung“ umbenannt und erschien nun aber zweimal in der Woche, jeweils am Dienstag und am Samstag. Im Jahr 1916 hat diese Zeitung ihr Erscheinen eingestellt. Der Hausgeber Johann Habacher d. J. begründete dies mit dem kriegsbedingten Personalmangel. Es war ihm nicht gelungen, Ersatz für eingerückte Druckereiarbeiter zu bekommen. Er kündigte jedoch ein Wiedererscheinen des Blattes nach Kriegsende an. Dazu kam es aber nicht. Gmunden verlor damit nach 65 Jahren Erscheinen dieses Blattes seine Traditionszeitung.

             
Firmengründer 
                                Johann Habacher d. J.                        Karl Habacher
Johann Habacher                             (1860-1932)                                       (1893-1953)
(1813-1884)                                                                       
Quelle: Schießer: Die Ära Krackowizer in Gmunden

1965 verpachtete die aus der Habacher-Familie stammende Ulrike Hitzenberger aus familiären Gründen den Betrieb an die zweite in Gmunden tätige Druckerei, den „Pressverein Konsortium Salzkammergut" samt Konzession für das Buchdruckergewerbe. Der Pachtvertrag umfasste die Räume im Erdgeschoß. Darin befanden sich das Verkaufslokal, ein Büro, die Setzerei, die Druckerei und ein Magazin. Die Pächter verpflichteten sich, die Dienstverhältnisse von acht Mitarbeitern zu übernehmen. Mit dem Auslaufen des Pachtvertrages am 30. September 1990 wurde der Druckerei-Betrieb im Habacher-Haus stillgelegt. Sämtliche Druckmaschinen, Lettern etc. wurden teilweise an die Druckerei Plöchl in Freistatt verkauft, diverse Setzkasten-Pulte und Schriften (Metall- und Holzlettern) kamen ins Druckereimuseum in Steyrermühl bzw. ins Schriftmuseum Pettenbach. Der Rest der Metall-Lettern wurde an eine Scheideanstalt verkauft und eingeschmolzen.
Bis vor Kurzem war im Doppelhaus die Ordination von Frau Dr. Susanne Torggler. Im linken Haus gibt es heute noch eine Praxis für Physiotherapie.

Dieser Beitrag stammt von Holger Höllwerth.