Glöckler und Sternsinger

In der letzten Raunacht (jeweils am 5. Jänner) werden in Gmunden 2 ursprünglich völlig getrennte Bräuche, die auch keinen gemeinsamen Ursprung haben, zu einem „besonderen Ereignis“ vereint.
Im Einzelnen handelt es sich um
- den Glöcklerlauf und
- das Dreikönigssingen / Sternsingen

Der Name „Glöckler“ leitet sich vom mittelhochdeutschen klocken (‚anklopfen‘) ab, steht also für „von-Tür-zu-Tür-Ziehen“ in den Anklopfnächten.

Der Glöcklerlauf wird oft als heidnischer Brauch dargestellt. Die Menschen hätten in früheren Zeiten mit Hilfe des nächtlichen Spektakels die Wintergeister vertrieben und die Naturkräfte im Boden geweckt. Oder auch, dass es sich dabei um einen Brauch zu Ehren der Licht- und Feuergottheiten handelt.
Volkskundler vertreten die Meinung, dass sich der Glöcklerlauf aus einer wirtschaftlichen Notsituation heraus entwickelt hat: In der Saline Ebensee wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts anstelle von Holz Braunkohle (aus dem Hausruck) zum Heizen der Sudpfannen verwendet, was fatale Folgen für die rund 900 Männer hatte, die in der Holzbringung beschäftigt waren – sie standen ohne Arbeit und Einkommen dar. Um nicht um Unterstützung betteln zu müssen, boten sie u. a. ein Spektakel: das "Glöckeln". Glöckeln dürfte somit eine besondere Art des Heischens (rituellen Bettelns) sein. Die weißen Gewänder waren ihre Arbeitskleidung, die „Salzstöcke“ waren das Vorbild für die traditionsbewussten einfachen und beleuchteten Glöcklerkappen, Bergstock und die Glocken komplettieren die „Ausrüstung“.

Erste schriftliche Erwähnungen zum Glöcklerlauf finden sich in Ebensee um 1850. Von dort hat sich dieser Brauch insbesondere im Salzkammergut verbreitet.
Wann genau der erste Glöcklerlauf in Gmunden stattgefunden hat, lässt sich nicht feststellen. Feststeht, dass ihn der Trachtenverein „Traunseer“ seit 1904 maßgeblich mitgestaltet hat. In diesem Jahr sind bereits mehr als 40 Glöckler durch die Stadt gezogen, wobei auch die herzogliche Familie besucht wurde.
Damals wurden vom Trachtenverein „Rundkappen“ getragen, aber auch hell erleuchtete Häuser, Schiffe usw. wurden bewundert. Heute noch reicht die Vielfalt der Kappen von einfachen „Spitzkappen“ bis zu aufwändig gestalteten Figurenkappen, die bis zu 15 kg schwer sein können.

In Gmunden nehmen derzeit knapp 20 Passen mit insgesamt ca. 300 Läufern teil. Die Passen werden beispielsweise von den Trachtenvereinen, der Feuerwehr, den Pfadfindern, kirchlichen Vereinen, den Sportvereinen, Schulen, Service-Clubs, u.v.a. gestellt.
Als ein Beispiel für „private Passen“ sei die Sitter-Passe genannt, die seit ca. 60 Jahren am Glöcklerlauf mit bis zu 20 Personen teilnimmt und dessen Passenführer in dieser Zeitspanne noch keinen Glöcklerlauf ausgelassen hat.
Manche Passen beginnen den Glöcklertag bereits vormittags. Der Allgemeine Turnverein beispielsweise (der seit Jahren die größte Passe stellt), beginnt den Glöcklertag nach dem Besuch beim Bürgermeister mit einer Schiff-Fahrt „unter dem Stein“. Am Weg in die Stadt zurück werden rund 30 Stationen/Familien besucht, denen sie Neujahrswünsche überbringen und von ihnen bewirtet werden.

Ein riesiges Spektakel ist der Einzug aller Glöcklerpassen (von der Schiffslände kommend über die Traunbrücke) am Stadtplatz, wo diverse Figuren gelaufen werden. Nach gemeinsamen Liedern der Glöckler (wie „Oh Wunna über Wunna…“ und „Es wird scho glei dumpa…“) wird jeder teilnehmende Glöckler (darunter sehr viele Kinder und Jugendliche) mit einem Glöcklerkrapfen aus der Hand des Bürgermeisters belohnt. Manche Passen sammeln Geld für caritative Zwecke.

Das Sternsingen geht auf die Erwähnung der Weisen oder Sterndeuter in den Evangelien zurück.  Aus ihnen wurden im achten Jahrhundert Könige mit den Namen Caspar (als Vertreter Afrikas),  Melchior (Vertreter Europas) und  Balthasar (Morgenland/Orient).
Die Ursprünge des Sternsingens liegen vermutlich in den Dreikönigsspielen. Das Sternsingen entwickelte sich unterschiedlich in den europäischen Regionen. In Mitteleuropa ist das Sternsingen ein traditioneller Brauch in der römisch-katholischen und der  alt-katholischen Kirche. Aufzeichnungen des  Klosters St. Peter in Salzburg belegen ein erstes Sternsingen im Jahr 1541.

In Österreich wurde im Jahr 1946 die Idee des Dreikönigssingens zugunsten Bedürftiger ins Leben gerufen.

In Gmunden bereichern ab den 30er-Jahren die Sternsinger die Glöcklerabende.


Nach dem zweiten Weltkrieg fanden sich acht sangesfreudigen Bürger (rund um den Steinmaurer-Wirt Karl Hollweger, den Barocktischler Sepp Eiblhuber, den techn. Angestellten Franz X. Fischer – alle Mitglieder des Männer-Gesangsvereins und des Kirchenchors) um einerseits diesen Brauch wieder zu reaktivieren und andererseits die „Städtische Kinderbewahranstalt“ caritativ zu unterstützen. Die singenden Könige (gekleidet in „königlichen“ Gewändern) zogen damals vom Ortsteil Weyer in Richtung Stadtplatz.

Am Abend des 5. Jänner kommen heute die Hl. 3 Könige mit Gefolge (Doppelquartett) per Schiff am Stadtplatz an, nehmen bei einem Rundgang am Stadtplatz die Ovationen der Bevölkerung entgegen um anschließend von der Loggia des Rathauses aus Krippenlieder zu singen.

Seit 1953 singt das Doppelquartett am Dreikönigstag in der Stadtpfarrkirche am
6. Jänner beim Dreikönigsaltar (geschaffen von Thomas Schwanthaler im Jahr 1678) sowie in den Tagen zuvor bei diversen Honoratioren, von denen es neben der Bewirtung auch mit Spenden bedacht wird. Einige öffentliche Auftritte an den Tagen vor dem 5. Jänner (z.B. im Haas-Innenhof, Freisitz Weyer) runden das umfangreiche Programm publikumswirksam ab.



(Anmerkung: Die oft erzählte Geschichte, dass die Hl. Drei Könige auf ihrer Reise nach Bethlehem durch das Salzkammergut vom Süden her gekommen sind und mangels Straßenverbindung von Ebensee nach Traunkirchen mit dem Schiff gleich nach Gmunden weiterfuhren, ist bestenfalls eine nette Erzählung.) 

Neben dem Doppelquartett Edelweiß ziehen seit 1954 Gesangsgruppen der Katholischen Jungschar (verkleidet als Heilige Drei Könige) durch die Stadt, um Spenden für Projekte dieser Organisation zu sammeln.

Insbesondere der Abend des Glöcklertages mit den Sternsingern ist nicht nur für die Bewohner ein brauchtumsmäßiger erster Höhepunkt des Neuen Jahres, sondern zieht jährlich tausende Besucher in unsere Stadt und stellt daher einen brauchtumsmäßigen Schatz Gmundens dar.

Dieser Beitrag wurde von Günther Stadlmayr verfasst.

Literatur:
Wikipedia (Stichworte:  Glöckler bzw. Sternsinger)
50 Jahre Doppelquartett Edelweiß 1946-1996, Festschrift
Franz Gillesberger: Brauchtum in Ebensee. Hrsg. vom Ebenseer Fotoklub, 1987
Edmund Brandner: Der Glöcklerlauf ist eine Erfindung arbeitsloser Ebenseer Holzknechte. In: OÖ. Nachrichten vom 3. Januar 2012.

Fotos:
Ladin Wolfgang (3)
Doppelquartett Edelweiß (1)
Heinz Schießer, Altgmundner Bilderbuch, 2014, S 111
Piringer Karl, Gmundner Chronik 1900-1918, Bd. 1, S. 158