Die evangelische Auferstehungskirche
Georgstraße 9
Die evangelische Pfarrkirche steht unter Denkmalschutz.
Die Westseite der Kirche
Die Südostseite der Kirche
Fotos: August Mayer
Die Nordseite
Foto: Franz Six
Die unter Denkmalschutz stehende evangelische Pfarrkirche im Stadtteil Traundorf wurde nach 5 Jahren Bauzeit 1876 eingeweiht. Nach Plänen des Wiener Architekten Hermann Wehrenfennig entstand eine Kirche im neugotischen Stil, der sich an altenglische Landkirchen anlehnte. Den Bau ermöglichten nicht nur die finanziellen Eigen- und Sachleistungen der Gemeindemitglieder, sondern auch die Unterstützungen von Mitgliedern des Hauses Hannover, des sächsischen Gustav-Adolf-Vereins und vieler anderer Förderer. Beachtenswert für das Bauwerk ist, dass es trotz notwendiger Renovierungen, ohne wesentliche Veränderungen im ursprünglichen Zustand erhalten geblieben ist. Das Pfarrhaus, ebenfalls denkmalgeschützt, wurde nachträglich 1894 errichtet.
Wie kam es zur Unterstützung der Hannoveraner?
Das Haus Hannover, das älteste protestantische Adelsgeschlecht, siedelte sich in Gmunden an, weil es sich im Krieg zwischen Österreich und Preußen im Jahre 1866 auf die österreichische Seite gestellt hatte. Nach der Niederlage wurde dem König Georg V. und seinem Sohn Kronprinz Ernst August die Erlaubnis erteilt, in das Exil zu gehen. Dieses gewährte Kaiser Franz Josef aus Dankbarkeit, weil dieses Land in diesem Krieg auf Seiten Österreichs gekämpft hatte. Daher flüchtete der Welfenhof zunächst nach Wien–Hietzing.
Schon im Jahre 1868 kam die königliche Familie mit König Georg V., Königin Marie und deren Kinder Kronprinz Ernst August und die Prinzessinnen Friederike und Mary nach Gmunden. 1878 verstarb König Georg V. Zuerst wohnte Ernst August (II) mit seiner Frau in der Villa Klusemann (heute Landesmusikschule). Dort wurden auch 5 der 6 Kinder geboren. Nachdem sie die Familie dazu entschlossen hatte, in Gmunden zu bleiben, entstand ab dem Jahre 1882 das Schloss Cumberland. Die Hannoveraner waren aber auch große Gönner Gmundens, z.B. durch die finanzielle Unterstützung beim Bau der Auferstehungskirche usw.
Entstehung der evangelischen Gemeinde in Gmunden
Nach der Reformation Martin Luthers im Oktober 1517 wuchs in Gmunden die Zahl der Lutheraner stetig an. In der Reformationszeit war der Großteil der Gmundner Bevölkerung evangelisch. Die Gottesdienste feierte man daher in der katholischen Stadtpfarrkirche. Der Habsburgerkaiser Rudolf II. rekatholisierte das Gotteshaus in der Gegenreformation. An der Stelle des heutigen Finanzamtes in der heutigen Habertstraße wurde außerhalb der Stadtmauer die „Gottesackerkirche“ eingerichtet. Sie bot ca. 1.200 Personen Platz. Während der Bauernkriege wurde im Jahre 1626 nach der Schlacht bei Pinsdorf (vgl. Bauernhügel) wurden die Lutheraner aufgefordert, zum katholischen Glauben überzutreten oder das Land zu verlassen. Es folgte die Zeit des Geheimprotestantismus mit schrecklichen Verfolgungen und Drohungen. Im Jahr 1781 erließ Kaiser Josef II. das Toleranzpatent. Ab nun konnten die Protestanten ihre Religion frei ausüben.
Im Jahre 1868 wurde in Gmunden eine Filialgemeinde von Rutzenmoos gegründet und danach wurde in einem Privathaus in der Bahnhofstraße „reformatorische Gottesdienste“abgehalten. Zu dieser Zeit zählte man ungefähr 300 Evangelische in Gmunden. 1870 wurde die evangelische Gemeinde Gmunden gegründet, weil über 500 Gläubige in Gmunden waren. Durch das Haus Hannover wurde die Zahl der evangelischen Gemeindemitglieder stark erhöht, da das Königshaus auch viele Bedienstete und Beamte und deren Familien aus Hannover nachholte. Das Haus in der Habertstraße wurde zu klein und man erwarb am 14.12. 1870 aus staatlichem Besitz das Grundstück Nr. 258 in der Georgstraße 9 zum Bau des neuen Gotteshauses.
Das Pfarrhaus steht westlich der Kirche auf dem Grundstück 283;80/4 mit einem Gemeindesaal für Veranstaltungen.
Das Pfarrhaus
Foto: August Mayer
Der Kirchenbaukörper
Den Planungswettbewerb entschied Wehrenfennig durch den Vorschlag des neugotischen Bauwerkes für sich. Der Entwurf lehnt sich an den altenglischen Stil einer Landkirche an. Der Plan sah zunächst keinen Kirchturm vor, nur westseitig eine Giebelmauer mit Glocke, doch durch den dringlichen Wunsch der Gemeinde und des Pfarrers JOSEPH Friedrich Koch plante Wehrenfennig den wunderschönen Turm an der südöstlichen Ecke des Gotteshauses.
Am 7. September des Jahres 1871 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung. Es sollte ein dreischiffiges, neugotisches Bauwerk werden. Die Außenwände bestehen aus rötlichem Kalkstein, sogenannter „Hierlatzkalk", auch „Traunseemarmor“ genannt, der am Traunsee zwischen Traunstein und Erlakogel gebrochen wurde. Die großen Steine wurden auf Schiffen, sogenannten „Plätten“, nach Gmunden transportiert und dort auf die Wagen der Pferdeeisenbahn verladen, die die Georgstraße hinauf zum Bahnhof in der Annastraße führte. Man kann also sagen: „Die evangelische Kirche fuhr mit der Pferdeeisenbahn.“ Am Bauplatz wurden die Kalkblöcke von italienischen Steinmetzen behauen und so entstanden die Bausteine für die Außenmauern, für die Gesimse, für die Türeinfassungen und für die Pfeilerabdeckungen. Die Kirche ist ca. 19 m breit und ca. 32 m lang. Die Bauausführung oblag dem Maurermeister Lechner aus Gmunden.
Wenn man sich von Westen dem Eingangsportal nähert, fällt der Vorbau (bis zu den Dachreitern 24 m hoch) und die schwere, zweiflügelige Holztüre mit Beschlägen aus Schmiedeeisen auf. Das Tympanon – Relief über dem Kirchenportal - zeigt die Auferstehungsszene und ist aus weißem Marmor. Der Wiener Bildhauer Werner David schuf dieses Kunstwerk. Oberhalb des Reliefs steht die Jahreszahl 1875 und sind die Buchstaben Alpha und Omega (Anfang und Ende) zu sehen (siehe Foto).
Kirchenportal und Tympanon
Fotos: August Mayer
Besonders zu erwähnen sind die Abstufungen des Baukörpers, die ihn sehr leicht und gegliedert erscheinen lassen. Die Fensteröffnungen bringen Licht in den Kirchenraum und haben einen Rahmen aus Sandstein. Im Spitzbogenbereich ist das Maßwerk fünfteilig. Die kleinen Glasquadrate werden durch weiße Fenstersprossen gehalten und bilden so die schönen Fenster rund um den Baukörper. Zwischen den Fenstern sind Strebepfeiler.
Ein Fenster auf der Nordseite
Foto: August Mayer
Der Turm
An der südöstlichen Seite des Gotteshauses steht der 41,72 m hohe quadratische Kirchturm mit Spitzhelm und Kreuz. Vier Spitzbogenfenster mit einer Mittelsäule dienen als Schallöffnungen der Glockenstube. Unter einem Sims befinden sich auf allen vier Seiten die Ziffernblätter der Kirchturmuhr. Die Turmkreuzsteckung und die Weihe der zwei kleinen Glocken erfolgte am 2.November 1875. Im Jahre 1876 wurden die drei großen, bronzenen Glocken der Fa. Oberascher geweiht und im Turm befestigt.
Foto: August Mayer
Der Innenraum
Beim Betreten des Kirchenraumes sieht man die Kirchenbänke und gusseiserne Kandelaber, sodann den großen Altarraum mit dem Altar, dahinter die herrlichen Buntglasfenster sowie die schön geschnitzte Kanzel mit dem feingliedrigen Schalldeckel, die über eine geschnitzte Holztreppe zu erreichen ist. Auf der Unterseite des Schalldeckels erkennt man die Taube, die den Heiligen Geist symbolisieren soll. Diese wunderbare Kanzel wurde vom späteren Direktor der Gmundner Holzschnitzer, Gustav Göbel, geschaffen.
Kandelaber und Kirchenbänke, Granitsäulen
Kirchenraum mit Kanzel und Altar
Kanzel mit Aufgang
Kanzel mit Schalldeckel und Taube
Detail von der Kanzel
Anzeigetafel für Lieder
Holzdecke über dem Mittelschiff
Alle Fotos: August Mayer
Vier achteckige Granitsäulen tragen die Arkaden und diese führen in die Seitenschiffe mit Querbögen. Zwischen den hellen Glasfenstern sind geschnitzte „Holzanzeigetafeln“, wo die Lieder für den Gottesdienst mit Kärtchen angezeigt werden. Das Holz im Hauptschiff an der Decke und in den Seitenschiffen ist sehr dunkel. Es ist slavonische Eiche. Quadratische Kassettenelemente mit sehr schöner, floraler Brandmalerei zieren die Decke der Kirche. Hölzerne Bogenbinder stützen das Holzdach. Der Tragbalken des Kirchendaches ist 23m lang.
Der Altar
Er wurde ebenso von Gustav Göbel aus slavonischer Eiche geschaffen und besteht aus fünf Bögen mit Bildern auf Goldgrund. Im Mittelpunkt ist die Auferstehungsszene mit Jesus, der einen Stab mit einer Fahne in der linken Hand hält, als Zeichen des Sieges über den Tod. Links und rechts sind vier seiner Jünger zu sehen. Die kleineren Rundbögen links und rechts sind mit Personen ausgestaltet, die einen Kelch mit Hostie bzw. einen Palmzweig tragen. In den äußeren Rundbögen ist rechts eine Weinrebe mit Trauben und links ein Bund von Ähren zu sehen. Diese Abbildungen weisen auf die Gestalt des Abendmahles in Gestalt von Brot und Wein hin. Der Maler Carl Andrae war der Künstler. Er stammte aus Dresden.
Der Altar von Gustav Göbel
Das Abendmahlgitter
Alle Fotos: August Mayer
Unter der Auferstehungsdarstellung ist hinter dem Altarkreuz ein kleines, ovales Bild mit einem Lamm auf Goldgrund. Vier große Kerzenständer stehen auf dem Altartisch. Der Altarraum ist mit einem geschnitztes Holzgitter umgeben, vor dem die Gläubigen niederknien, um das Abendmahl zu empfangen.
Das mittlere, das linke und das rechte Altarbild
Foto: August Mayer
Die Glasfenster
Vier große Buntglasfenster in Spitzbögen befinden sich in der Apsis. Sie stellen drei Stationen auf dem Lebensweg Christi dar, und das dritte Fenster von links ist mit bunten Ornamenten ausgestaltet. (Diese Art von Fenstern nennt man Raukenfenster.) Die Spender der wunderschönen Glasfenster sind im unteren Teil der Glasbilder genannt.
Sie zeigen:
Christi Geburt mit Josef und Maria und staunenden Hirten.
Die Kreuzigung Christi mit den beiden ebenfalls gekreuzigten „Schächern“ am Berge Golgota.
Die Auferstehungsdarstellung: Jesus Christus und seine Jünger
Die Werkstätte heißt Burkhardt.
Glasfenster im Altarraum: Geburt, Kreuzigung und die Auferstehung
Fotos: Franz Six
Direkt hinter dem Altar befindet sich noch dieses prächtige Glasfenster mit dem Thema Abendmahl (Weinstock und Reben).
Foto: Franz Six
Links über dem Eingang zur Sakristei ist noch ein Glasfenster mit der Aufschrift "AW" (= Alpha Omega) und " Dein Wort ist die Wahrheit" zu bestaunen.
Foto: Franz Six
Die Tür zur Sakristei ist reich mit Glasbildern verziert.
Buntglasbilder an der Tür in die Sakristei
Fotos: Franz Six
Die Herstellung der Glasfenster erfolgte in der Münchner Werkstätte Burkhart, mit einer damals neuen Technik, die auf Bleistege verzichtete. Sie wurden dem Herzogspaar Ernst August und Prinzessin Thyra anlässlich ihrer Silbernen Hochzeit im Jahre 1903 von Verwandten und herzoglichen Angestellten und Beamten und der Jägerschaft gespendet.In der Apsis hängt auch auf der rechten Seite des Altarraumes ein Ölgemälde des Malers Klein aus Düsseldorf mit dem Titel: „Die Einsetzung des Hl. Abendmahles“.
In der Taufkapelle, rechts vom Altar, ist ein weiteres Glasfenster. Es zeigt die Segnung der Kinder durch Jesus Christus.
Das Fenster der Taufkapelle
Foto: Franz Six
Hier steht auch der Taufstein, der nach einem Entwurf von Kronprinz Ernst August angefertigt wurde. Die Skizzen von Herzog Ernst August überarbeitete der Wiener Bildhauer Werner David. Der Steinmetz Georg Pilz aus Bad Ischl gestaltete das Taufbecken. Am Beckenrand steht geschrieben: „Zum Andenken an Ihre Majestät Königin von Hannover von den Einwohnern der Stadt Norden und Umgebung in Hannover 1876“.
Der Taufstein ist aus rotem Marmor vom Ausseer Fludergraben. Dies ist eine geologische Besonderheit im Bereich des Losergebietes. Die weißen Einsprengsel stammen von Seelilien, mikroskopisch kleinsten Lebewesen, die sich vor ca. 190 Millionen Jahren im seichten Meer ablagerten.
Der TaufsteinFoto: August Mayer
Im linken und rechten Seitenschiff befindet sich an den Stirnwänden jeweils ein schmiedeeiserner Ofen, mit fein gegliederten Außenwänden, die heute nur mehr als Schaustücke dienen. Die Kirche wird mit elektrischen Strahlern in den Bänken beheizt.
Gusseiserner Ofen
Foto: August Mayer
In der Westfassade über dem Haupteingang befindet sich ein Glasfenster mit dem Titel: „König David spielt Harfe“. Die hölzerne Orgelempore trägt den großen Orgelaufbau, dieser ist noch original erhalten und wurde auch von Gustav Göbel geschaffen. Gespendet wurde die Orgel von König Georg V.; sein Wappen ist im Orgelaufbau zu sehen. Die erste Orgel war zweimanualig und verfügte über 20 Register. Der Orgelbaumeister war Ludwig Moser aus Salzburg. Im Jahre 1913 wurde die Orgel renoviert (Orgelbaumeister Lachmair, 28 Register) und 1973 wurde eine neue Orgel (Orgelbaumeister Collini, 30 Register) in den originalen Orgelaufbau eingebaut.
Die Orgelempore
Orgelpfeifen
Das Glasfenster in der Mitte der Orgel zeigt König David mit der Harfe.
Alle Fotos: August Mayer
Der gesamte Kirchenraum ist in weißer Farbe gehalten, dadurch kommen besonders die Holdecken, der Altar, die Kanzel, die Orgel und die Kirchenbänke (alle sind aus slavonischer Eiche) sehr schön zur Geltung und ergeben ein harmonisches, eindrucksvolles Gesamtbild.
Diese Kirche ist ein wahrer Schatz der Stadt Gmunden, dem man zu wenig Bedeutung schenkt!
Sie wird zu Zeit (2019) aufwändig im Außenbereich restauriert: Die Fugen zwischen den Steinblöcken werden abgedichtet, feuchtes Mauerwerk trockengelegt, das Tympanon, die Kirchentüre und die Glasfenster renoviert, und im Anschluss daran sollen auch der Innenraum, die Kanzel und der Altar restauriert werden. Auch die Bodenwölbungen sollen beseitigt werden.
Renovierungsarbeiten 2019
Fotos: August Mayer
Der Verfasser dieses Beitrags: August Georg Mayer, Musealvereinsobmann
Gmunden, im August 2019
Verwendete Literatur:
Evangelische Pfarrkirche Gmunden – WIKIPEDIA
Jubiläumsschrift der der Evangelischen Auferstehungskirche Gmunden von 2001
Leopold Temmel: Die Evangelische Kirche im Bezirk Gmunden. Verein zur Herausgabe eines Bezirksbuches Gmunden. Landesverlag Linz 1991
Heinrich Marchetti: Gmunden. Gemeindespiegel und Geschichte, Verein zur Herausgabe eines Bezirksbuches Gmunden, Landesverlag Linz 1991
Bundesdenkmalamt (Hrsg.): Dehio-Handbuch O.Ö., 3. Auflage. Anton Schroll & Co, Wien 1958
Erwin Horst Schuller: Evangelische Kirchen des 19. Jahrhunderts in Oberösterreich. Univ. Diplomarbeit, Salzburg. 2001 – Modifizierte Endfassung
Das Gmunden-Taschenbuch, erschienen zum 100-Jahr-Jubiläum des Musealvereins Gmunden 2007
Karl Piringer: Gmundner Chronik, Stadtgemeinde Gmunden, Bd. I, II, III
Heinz Schießer: „Wir gehen zwar, aber wir kehren wieder“ - Gegenreformation und Geheimprotestantismus im Salzkammergut, Wagner Verlag, 2017
Heinz Schießer: Die Welfen am Traunsee. 130 Jahre Schloss Cumberland im Salzkammergut, 2017