Freisitze in Gmunden

Bei einem Freisitz – er wird auch als Freigut bezeichnet – handelt es sich in der Regel um Real-Besitzungen, die von allen oder bloß bestimmten Steuern und Abgaben sowie von Lasten wie z. B. den Frondiensten befreit waren oder sonst privilegiert waren. So konnten sie z. B. auch nicht der sonst üblichen Gerichtsbarkeit eines Grafen unterstehen. Die moderne Gesetzgebung hat die Privilegien der Freisitze längst beseitigt.
Die genannten Freisitze in Gmunden waren also ursprünglich nicht der städtischen Gerichtsbarkeit unterworfen ,und sie waren außerdem auch von jeglicher Steuerleistung befreit. Sie befanden sich im Besitz von Adeligen oder kaiserlichen Beamten, die vom sozialen Status her über den Gmundner Bürgern standen und auch nicht als Bürger der Stadt galten.
Auch wenn die Freisitze längst abgeschafft worden sind, werden im Stadtgebiet Gmundens noch folgende bestehenden Gebäudekomplexe als solche bezeichnet und sind es wert, als Schätze Gmundens aus vergangenen Tagen bezeichnet zu werden:

1. Grueb
2. Lichtenauergarten
3. Moos
4. Mühlleiten
5. Mühlwang
6. Roith
7. Weyer
Hier wird auch noch ein Freisitz behandelt, den es heute nicht mehr gibt:
8. Weinberg: das Gebäude des Freisitzes Weinberg wurde 1972 abgerissen

1. Burg Grueb, auch Grub
Marktplatz 10


Burg Gru(e)b mit "Rundem Eck-Turm", von der Traunbrücke aus gesehen
Zeichnung 
von Adolf Fischer 1897
Quelle: Krackowizer, Geschichte Gmundens Bd. 1, S. 212


Burg Grub, heute Bezirksgericht mit Innenhof
Quelle: Wikipedia

Die Burg Gru(e)b liegt an einem steil abfallenden Hang am linken Traunufer und ist ein Freisitz innerhalb der Stadtmauer. Sie wird erstmals 1453 erwähnt. In diesem Jahr verkaufte „Hanns der Schober“ dem Amtmann von Gmunden, Sebastian Ziegelhwaser, „den Turm vnd die zway Hewser daran zu Gmunden in der Stat“. Die eigentliche Stadtburg wurde 1520 im Auftrag eines Edelmannes errichtet. 1523 endete der Status eines Freisitzes. Nun waren von den Besitzern auch Steuern zu entrichten.1531 haben die damaligen Besitzer das Anwesen an die Herren von Ort verkauft. Zweimal gehörte die Anlage auch der Stadt: 1595-1605 und 1658-1666.
Der an der Stadtmauer gelegene Sitz war in Zeiten der Gefahr ein sicherer Verteidigungspunkt der Stadt und letzter Zufluchtsort für deren Bewohner. 1666 wurden seine Besitzer angewiesen, das Haus „weil es zu zwei Seiten an der Stadtmauer gelegen und selbst als ein Schutzwehr dienet“ gegen diese immer verschlossen zu halten.
1820 erwarb das „k. k. Salinenärar“ die Liegenschaft und errichtete hier das „k. k. Waldamt“, ab 1850 beherbergte das Gebäude die „k. k. Bezirkshauptmannschaft“ und schließlich seit 1854  - bis heute - das Bezirksgericht. Die Umbruch- und Abbrucharbeiten dafür erfolgten zwischen 1850 und 1860.
Heute sind von dieser Burganlage noch die Grundmauern und an der Rückseite der „Runde Eckturm“ erhalten. Dieser war einer der sieben in der ehemaligen Stadtmauer integrierten Türme.


Runder Eckturm an Rückseite des Bezirksgerichtes
Foto: Günther Stadlmayr

2. Freisitz Lichtenauergarten
Weyerstraße 1 (früher: Weyerstraße 5)
Im 19. und 20. Jahrhundert hieß das Anwesen nach dem damaligen Besitzer / der Besitzerin Villa Armstrong, Spaziervilla, Villa Czerny, Villa Cappelmann, Villa Horowitz und Villa Costa.


Die heutige Villa Costa
Foto: Günther Stadlmayr

Es ist kaum bekannt, dass dieses Anwesen ein Freisitz war. Der Name stammt von Johann Paul Lichtenauer, welcher 1729 Salzzähler auf dem Trauntor-Turm und 1748 Mautamtsgegenschreiber war. Dieser Besitz gehörte zum Freisitz Weyer und war ein Teil der damaligen „Plassauer-Wiese“. Das dort befindliche Häuschen wurde 1785 vergrößert und erhielt von der Grundherrschaft Weyer die Untertänigkeit nachgesehen. Auf diese Art wurde die Realität ohne ein landesfürstliches Diplom zum Freisitz, welcher dadurch, dass auf dem dazugehörigen Grundstück noch ein anderes Haus stand (Weyerstraße 3, früher Nr. 7, Mautner- oder Zimmermeisterhaus am Kalch - heute Haus Daxner), einen Untertanen erhielt. Nach vielen Besitzerwechseln ließ um 1850 der Brite John Armstrong die heutige Villa bauen. Ab 1854 gehörte sie Franz Ritter von Czerny; ab 1870 Theresia Spazier. 1914 kaufte das Ehepaar Felix und Marie Cappelmann das Anwesen. 1916 erwarb es die in Wien beheimatete Elsa Horowitz. Heute ist das Objekt im Besitz der Familie Costa.

3. Freisitz Moos
Georgstraße 28


Freisitz Moos / Gartner im Moos
Quelle: Wikipedia

Über die Erbauung vom Freisitz Moos ist nichts bekannt. Die erste Nennung erfolgte im Jahr 1607. Als erster Besitzer scheint Hans Pirhinger im „Moß“ auf. 1813 umfasste der Freisitz Moos „als Zugehör“ u. a. etwa sechs Joch Äcker und Wiesen, einen Fischteich, eine Hausmühle, zwei Glashäuser. Moos hat danach viele Besitzer erlebt. 1848 war es noch in der Landtafel eingetragen – war aber ab diesem Jahr kein Freisitz mehr.


Der Freisitz Moos um 1840
Quelle: DORIS Historische Ansichtskartensammlung

In der digitalen Urmappe ist der Freisitz als „Gartner im Moos“ eingetragen und war viele Jahrzehnte als Gärtnerei in Verwendung. Häufig wird das Areal nach späteren Besitzer-Generationen als Lechner-Grund bezeichnet. Krackowizer vermutet in seiner Gmundner Chronik Bd. 1, S. 133, dass das Areal vom Freisitz Weinberg (siehe dort) früher ebenfalls zum Freisitz Moos gehörte. Das gesamte Grundstück vom „Gartner im Moos“ hätte somit vom Brunnenweg bis auf Höhe des heutigen „Weinberghofes“ gereicht.


Gartner in Moos und Freisitz Weinberg
Quelle: Urmappe DORIS

In den letzten Jahrzehnten wurde das riesige Areal sukzessive parzelliert und für den privaten Wohnbau - sowohl Einfamilien- als auch Mehrfamilien- und Reihenhäuser -veräußert. Alle Häuser in der Moosgasse befinden sich auf der ursprünglichen Liegenschaft.
Das Stamm-Gebäude hat heute einen villenartigen Charakter. Ein Eckturm ist noch erhalten. Die zuletzt noch zum Stammhaus gehörende Liegenschaft samt Teich wurde in den letzten Jahren verkauft und befindet sich weiterhin in neuem Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden. Der zugefrorene „Lechnerteich“ war bis zu seiner letzten Veräußerung ein beliebter Eislauf- und Eisstock-Platz für die Nachbarschaft.


Lechnerkapelle
Quelle: Günther Stadlmayr

Die am Brunnenweg beim Haus Nr. 9 gelegene Kapelle (Brunnenwegkapelle, Lechnerkapelle) gehörte bis vor wenigen Jahren zum „Gartner im Moos“ und damit der Familie Lechner. Über die Errichtung der Kapelle sind keine Daten bekannt. Bei der letzten Dachreparatur fanden die Handwerker Schriften, die sie aber, ohne sie dem Besitzer zu zeigen, wieder im neuen Dachstuhl verbauten (siehe Weissmann, Bild 41).

4. Freisitz Mühlleiten
Kurzmühlgasse 6. (früher: Linzerstraße 13)

Der Freisitz Mühlleiten erhielt später die Namen Schloss Mühlleiten, „Plass-Mühle“ und die heute übliche Bezeichnung „Kurzmühle“.


Freisitz Mühlleiten alias Kurzmühle, 1854
Quelle: Doris – Historische Ansichtskartensammlung

Um 1550 scheinen die Mühlwanger (siehe Schloss Mühlwang) als erste Besitzer von Mühlleiten auf. In der Folge besitzen die Jörger diesen damals zur Herrschaft Neydharting gehörenden Freisitz. Die Besitzer wechseln anschließend relativ oft. 1610 erwirbt Weikhart Plass Mühlleithen („Plass-Mühle“). Dieser war Diener der römisch-kaiserlichen Majestät, römisch-kaiserlicher Einnehmer des Salzamtes Gmunden und Pfleger von Puchheim. Ein Wappen eines „Plass auf Mühlleithen“ befindet sich im Eingangsbereich des Schlosses Roith (siehe dazu Beitrag in "Gmundner Schätze"). Neben vielen weiteren Eigentümer gehörte der Besitz einem „kaiserlicher Mautner zu Gmunden und Amtsverweser“, einem Stadtrichter zu Gmunden sowie einem „kaiserlichen Oberwasseraufseher auf der äusseren Traun“, einem „Unterwasserseher bei der außern Traun“ sowie einem „Verwesamtscassier in Ebensee“. 1827 ersteigert Franz Kurz, Müller in Hallstatt, das Objekt. Seitdem wird Mühlleiten im Volksmund auch „Kurzmühle“ genannt.
Zum „Dominium Mühlleiten“ gehörten früher drei „Unterthanen“, die Steuer- und Arbeitsleistungen erbringen mussten, sowie einige ebenfalls Steuerpflichtige „Überländ“.
Die Kurz-Erben verkaufen 1880 Mühlleiten an die Papierfabrik Eichmann und Companie in Arnau an der Elbe. In der Folge wird Mühlleiten in ein Sägewerk mit Turbinenantrieb umgebaut, 1888 in eine Holzschleife. Diese wird 1897 an die Papierfabriks-Actiengesellschaft „Styrermühle“ verpachtet und 1901 von der Papierfabrik Steyrermühl erworben. Die großteils aus Holz errichtete Holzputzerei und das leerstehende Turbinenhaus sind 1966 abgebrannt.

   
Der Freisitz Mühlleiten                                 Details vom Freisitz Mühlleiten
Quelle: Wikipedia und Günther Stadlmayr

Der Freisitz liegt unmittelbar an der Traun und ist von der Traunbrücke gut sichtbar. Er besteht aus einem gut erhaltenen und renovierten zweigeschossigen Wohnbau mit rundem Erkerturm. Die Nebengebäude wurden geschleift. Der ehemalige Freisitz ist in Privatbesitz und wird als Wohngebäude genutzt.
Die lange existierende und bereits in den 1980 stark renovierungsbedürftig gewesene Kapelle (siehe Weismann, Kleindenkmäler, Bild 31) existiert heute nicht mehr.

5. Schloss Mühlwang
Linzerstraße 61 (früher Linzerstraße 55)


Schloss Mühlwang
Quelle: Wikipedia)

Das Landgut / Schloss Mühlwang liegt an der Kreuzung Linzer-, Wolfsgruber- und Mühlwangstraße.
Dieser Stammsitz der Mühlwanger aus Steyr wird erstmals 1305 mit Herwort dem Mulwanger erwähnt. In ihren verschiedenen Linien dieser Familie gab es neben zahlreichen Besitzungen (wie in Gmunden, Mühlgrub bei Bad Hall, Hueb bei Sipbach, Neydharting-Wimsbach, Mühlwang und Altmanning, je bei Rüstdorf und Altmünster) ebenso zahlreiche Prominenz (z.B. einen Stadtrichter zu Steyr, einen bischöflichen Passauerischen Pfleger zu Ebelsberg, einen Domherrn zu Passau, eine Äbtissin in Traunkirchen, einen Hofrichter zu Lambach, den Pfarrer in Altmünster, einen Pfleger der Herrschaft Ort oder einen Landesanwalt in Österreich ob der Enns).
Die Mühlwanger trugen in ihrem Wappen ein Mühlrad, was möglicherweise auf ihre berufliche Herkunft deutet.
Der letzte Mühlwanger in Oberösterreich starb um 1500. Grabsteine dieser Familie befinden sich auch in der Pfarrkirche Altmünster. In Niederösterreich (bei Melk) erlosch das Geschlecht gänzlich erst 1680.
Nachbesitzer des letzten Mühlwangers in Gmunden wurden die Herren von Elsenham. 1608 verlieh Kaiser Rudolf II. den Besitz samt den Hof “unterm Wald“ (später „Moar unterm Wald“/Pension Magerl) an Maximilian Häckhlberger von Höchenberg zu Weyer und Arbesbach. Dieser verkaufte das Schloss 1614 an den Gmundner Bürger Leopold Pötsch, wodurch Mühlwang vorübergehend seine adeligen Freiheiten verlor.


Schloss Mühlwang, Stich von Georg Matthäus Vischer, 1674
Quelle: Kammerhofmuseum Gmunden

1628 kam dieser adelige Sitz an die Familie Fasoldt (Vater: römisch-kaiserlicher Majestäts-Rath und Verweser in der Ebensee bzw. der Sohn „kaiserlicher Forstmeister über das Gebirg` in Österreich ob der Enns“). 1662 wurde Mühlwang durch Kaiser Leopold I. wieder zu einem „Land- und befreyten adeligen Gut“ erhoben und zugleich das Privileg ausgesprochen, „Tavernen, ein Brauhaus, Mühlen und Schmiden zu erbauen“. Es folgten weitere Besitzerwechsel, bevor es 1724 an Karl Josef Ritter von Frey (vgl. Freygasse!) verkauft wurde. Dieser erweiterte den Besitz und baute das Schloss um. Seine Nachfahren verkauften 1817 aus finanziellen Gründen den Besitz. 1817 schrieb der Besitzer Solterer zu Au über sein 20-Zimmer-Schloss, im Hofgarten würde sich eine „niedliche Villa“ befinden, ein Glashaus, ein Lusthaus, ein Springbrunnen, eine Grotte und ein Wasserfall. Im Jahr 1826 umfasste die Herrschaft Mühlwang 318 behauste und 252 Überländ-Untertanen. Der Amtssitz dafür befand sich im Schloss Mühlwang.  


Landgut Mühlwang mit gleichnamigem Schloss (links im Bild), 1897
Zeichnung von Adolf. Fischer
Quelle: Krackowizer, Geschichte Gmundens Bd. 1, S. 129

Schließlich ging der Besitz 1868 an Karl Klusemann. Dieser verkaufte die Taverne 1876 an die Brauerei Eggenberg. Diese führte sie unter dem Namen „Gasthaus Mühlwang“. Im südlichen Bereich des Parks, der von der Vogelsang-Gasse bis zur heutigen Ecke Mühlwangstraße/Kliemsteinstraße reichte, errichtete man nach den Plänen des Wiener Architekten Hermann Wehrenfennig die Villa Klusemann. (Heute ist dort – erweitert durch einen modernen Anbau – die Landesmusikschule untergebracht).
Die Erben Klusemanns verkauften Mühlwang 1901 an Herzog Ernst August (II.) von Cumberland. Desssen Nachkommen trennten sich in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts wieder von Mühlwang.


Brunnen im Innenhof
Foto: Günther Stadlmayr

Später waren im Schloss eine Kunstgalerie, eine Kochschule und eine Behinderten-Tagesheimstätte untergebracht. Heute besitzen das Schloss samt den Nebengebäuden private Eigentümer, und die Gebäude sind in Wohnungen aufgeteilt. Der ehemalige Park ist verbaut (1936: Offiziershäuser des österreichischen Bundesheeres – heute Wohnungen, 1958 Bezirksbauernkammer dzt. leerstehend, ca. 2005: Bürogebäude an der Mühlwangstraße).
Die Gastwirtschaft im Nebengebäude (heute: Linzerstraße 59) existierte bis in die 1960er Jahre. Letzter Betreiber war die Familie Seitz aus dem Burgenland. Das Grundstück reicht bis zur Traun hinunter Dieses Gebäude wurde mit Wohnungen ausgebaut.


Die Taverne beim Schloss Mühlwang um 1840
Blick von der alten Linzerstraße aus
Quelle: Doris – Historische Ansichtskartensammlung

6. Freisitz Roith
Weyerstraße 87 (früher Weyerstraße 81)


Ältere Aufnahme vom im Ortsteil Weyer gelegenen Freisitz Roith
Quelle: Kammerhofmuseum

Um Wiederholungen zu vermeiden wird bezüglich dieses Freisitzes auf den separaten Bericht auf „gmundens-schaetze.at“ (Freisitz Roith) verwiesen.

7. Schloss Weyer
Freygasse 27


Das Schloss Weyer heute
Quelle: Wikipedia

Das Gut Weyer (Weyer = Weiher, ehemaliger Teich beim Haus Freygasse 24) wird 1446 erstmals als ein Lehen der Herrschaft Ort erwähnt. Das kleine Schloss wird von dem damaligen Lehensnehmer Abraham von Rohrbach 1596 als „Sitz am Weyer“ erbaut Dieser hatte zuvor das unmittelbar benachbarte Bauerngut „am Weyer“ (heute noch „Moar im Weyer“) erworben. Im 16. und 17. Jahrhundert gehörten u.a. das „Gut am Hof“ (= Plassauerhof), die Segenbreit (= später Weyerwiese), ein „Gut unterm Stein“, „Radmoos“, „Himmelreich“ und der „dürre Berg“ zu diesem Anwesen. Maximilian Häckhelberger von Höhenberg und Arbesbach kaufte den Freisitz 1606 und ließ ihn von Mühlwang (siehe dort) aus verwalten. Die nächsten Besitzer waren ab 1613 Gmundner Bürger. Der kaiserliche Forstmeister ob der Enns Hans Christoph Rottner konnte 1624 von Kaiser Ferdinand II. wieder die adeligen Freiheiten erhalten, die durch den Verkauf an bürgerliche Besitzer verloren gegangen waren. 1627 musste Rottner seinen Besitz an den bayrischen Grafen und Statthalter im Land ob der Enns Adam von Herberstorff verkaufen. Dieser schenkte das Schloss Hans Christoph Schmitzperger vom Thurm als Rekompensation „wegen seiner 20jährigen treuen Dienste“. Nach neuerlichen häufigen Wechseln der Eigentümer wurde 1738 hier von Karl von Frey eine „Erziehungsstätte für zwölf Waisenknaben“ eingerichtet (daher auch die Bezeichnung „Woaslhaus“). 1755 wurde diese dem Salzoberamt übergeben. Der Gutsbestand wurde Lindach  zugeschlagen. 1877 wurde die Privatschule auf Befehl der „k.k. teutschen Schulcommission“ in eine öffentliche „k. k. Trivialschule zu Weyer“ umgestaltet und ihr alle jene Kinder zugewiesen, die bis dahin die nunmehr aufgelassene Schule am Plassauerhof besucht hatten.


Schloss Weyer nach einem Stich von Georg Matthäus Vischer von 1674
Quelle: Krackowizer: Geschichte Gmundens Bd. 1, S 135

Zwischen 1850 und 1870 war Schloss Weyer unter anderem im Besitz von John Armstrong, Esq. und dessen Frau Viktoria Josefa Mayr (von Melnhof), danach von einem Ritter von Cerny. Zwischen 1877 und 1879 war im Schloss die Trivialschule untergebracht. 1879 erwarb der Kupferschmied August Hönig, Sohn des Mundartdichters Franz Hönig, das Anwesen. Die Trivialschule musste in den Plassauerhof übersiedeln. Ab 1981 wurde eine grundlegende Sanierung des Schlosses eingeleitet. Jetzt gehört das Anwesen der Familie KR Schober. Die hier wohnenden Eigentümer nutzen es zurzeit unter anderem als Galerie für Meissener Porzellan und Tafelsilber. Gelegentlich und anlassbezogen ist der Innenhof samt Kapelle der Öffentlichkeit zugänglich (z.B. Maiandacht, Weihnachtskonzert des Doppelquartetts Edelweiß).
Das Schloss ist heute eine von einer Mauer umschlossene, zweigeschossige, hakenförmige Anlage aus dem 16. Jahrhundert mit einer freistehenden barocken Kapelle. Diese war ursprünglich (1631) dem heiligen Benedikt geweiht, 1710 wurde sie neu eingeweiht. Sie besitzt ein Tonnengewölbe mit Stichkappen. Der Akanthusrankenaltar ist aus dem Jahr 1696. Seit einigen Jahren besitzt die Kapelle wieder eine Orgel. Das Gebäude besteht aus einem längeren Süd- und einen kurzen Ostflügel und einer auch die Kapelle umschließenden Mauer. Im Hof steht ein alter Brunnen. Am Ostflügel befinden sich Sgraffiti, welche auf die früheren Besitzer von Weyer hinweisen. Im Südflügel ist ein kleiner aus dem 17. Jahrhundert stammender Saal mit Stuckdecke.


Woaslhaus – Innenhof, um 1890
Spitzbart, Ansichten Bd. 2, S. 88


Innenhof mit Kapelle o. J.
Quelle: Sammlung Hans Wagneder

     
Innenhof                                                                  Ostansicht
Beide Fotos: Günther Stadlmayr


Schloss Weyer – Wappen der früheren Besitzer an der Ostseite des Gebäudes
Foto: Günther Stadlmayr

    
Kapelle                                          Ostseite
Beide Fotos: Günther Stadlmayr 

Weiters gab es im heutigen Stadtgebiet noch bis 1972 folgenden Freisitz, der der Vollständigkeit halber erwähnt werden soll:

8. Freisitz Weinberg

Der Freisitz Weinberg lag im Ortsteil Traundorf mit der  alten Anschrift Georgstraße 28 – das heutige Bezirksaltenheim „Weinberghof“ an der gleichen Stelle wie der ehemalige Freisitz hat die Anschrift Georgstraße 30!!


Freisitz Weinberg – Alte Aufnahme
Spitzbart, Ansichten Bd. 2, S 82)

Die Entstehungszeit des ehemaligen Freisitzes Weinberg sowie der Name seines Erbauers sind nicht überliefert. Die erste Nennung von Weinberg als adeliger Freisitz war im Jahr 1642. Damals verkaufte Johann Georg Wankhammer den Freisitz an den Inhaber von Schloss Mühlgrub Johann Baptist Fasolt. Von diesem kam Weinberg bis 1784 in den Besitz der Familie von Kaschnitz. Hans Adam sowie alle seine Nachkommen erscheinen als „Kaschnitz zum (von) Weinberg“. Die Kaschnitz selbst sind ein seit dem 16. Jahrhundert in Gmunden nachgewiesenes Adelsgeschlecht. Im Jahre 1564 wurde der adelige Herr Kaschnitz (auch Khaschnitz und Käschnitz) in landesfürstlichen Dienst beim Maut- und Salzwesen bestellt, und die Kaschnitz wurden ein Ratsgeschlecht der Stadt Gmunden.
1775 wird der Freisitz ein Raub der Flammen und danach wird er wieder völlig neu aufgebaut. Weinberg hat danach viele Besitzer erlebt, unter anderem Graf Schmidegg (ab 1855). 1913 erwarb es Herzog Ernst August (II.) von Cumberland und ließ das ursprüngliche Landhaus zu seinem herzoglichen Wohnsitz umbauen. Im Jahr 1919 übersiedelte er und seine Gattin Viktoria-Luise (die bis zu ihrem Ableben 1980 intensiv mit Gmunden Verbindung bliebt) dorthin. 1933 zog die Herzogsfamilie zurück in Stammschloss Blankenburg im Harz. Der Freisitz Weinberg diente nach dem Zweiten Weltkrieg als Wohnhaus und wurde 1972 abgerissen. Nach dem Verkauf an das Land wurde an gleicher Stelle das Bezirksaltenheim Weinberghof neu gebaut. (Eröffnung 1975). Zur Finanzierung dieses Baues wurden die Erlöse aus Grundverkäufen beim Freisitz Roith verwendet.
Der Name „Weinberg“ erinnert an den früher hier vorhandenen Weinberg. (Es gibt heute in Gmunden auch noch den Straßennamen „Am Weinberg".)

Literatur- und Fotoverzeichnis
Basis dieses Berichtes sind die Ausführungen von Ferdinand Krackowizer in seiner Geschichte der Stadt Gmunden, Band 1 und 3, sowie dessen Häuserchronik aus dem Jahr 1901.

Ergänzt um Informationen aus:
Spitzbart, Ingrid; Gmunden in alten Ansichten, Bd. 1 (1992), 2 (1993) und 3 (1995)
Herrmann, Erwin: Gmundner Chronik (1963-1975), Bd. 1, 2006
Schießer, Heinz: Gmundner Villen (2013), S. 93
Musealverein Gmunden (Hrsg.): Das Gmunden-Taschenbuch, 2. Auflage 2008
Weißmann Andreas: Kulturgüter in Gmunden – Kleindenkmäler, (Hrsg. Stadtgemeinde Gmunden u.a.), 1980
Höllwerth, Holger: unveröffentlichtes Manuskript „Schlösser und Freisitze und deren Besitzer“
Wikipedia – Stichworte: Burg Grueb, Freisitz Weinberg, Schloss Weyer, Schloss Mühlwang, Freisitz Mühlleiten, Freisitz Moos, Freigut (Rechtsgeschichte)
www.doris.at  – Historische Ansichtskartensammlung
Dickinger, Facebook vom 13.8.2020
Sammlung Hans Wagneder

Diesen Beitrag haben Günther Stadlmayr und Holger Höllwerth gemeinsam erstellt.