Grellinger
Traditionskaffee und Konditorei
1898 heute
Gmundens älteste am Franz-Joseph-Platz 6 gelegene Konditorei wurde 1888 von Ferdinand Zehden gegründet. Zehn Jahre später erwarb sie der Schweizer Jean Grellinger. Befähigt durch hervorragendes fachliches Können und die Praxis in führenden internationalen Häusern und tatkräftigst unterstützt von seiner Gattin Hermine gelang es Jean Grellinger, das Unternehmen zu einem der führenden Gmundner Betriebe aufzubauen und sich jenen Namen zu schaffen, der die Café- und Confiserietradition des Hauses begründen sollte. Dessen Aufstieg zu einem Traditionsbetrieb erfolgte noch in den letzten Jahren der Monarchie, denn damals wurden dessen Waren auch an die Vertreter des Hofes verkauft. Die Konditorei wurde ein Treffpunkt für viele illustre Gäste der Kurstadt, denn die Konditorei Grellinger war weit über Gmunden hinaus berühmt. In ihr fühlten sich viel Gäste, vor allem Künstlerinnen und Künstler, wohl. Daher weist das Gästebuch der Konditorei Grellinger am Franz-Joseph-Platz eine Prominentenliste auf, die sich sehen lassen kann.
Der Kalkwerkbetreiber Ferdinand Zehden richtete 1888 Gmundens älteste Konditorei im bereits 1550 urkundlich erwähnten „Stadtmaurerhaus im See-Stadtl" ein. Zehn Jahre später wurde sie von dem aus der Schweiz stammenden Jean Grellinger erworben. Im selben Jahr wurde er auch Besitzer des Hauses Franz-Joseph-Platz 6. Befähigt durch hervorragendes fachliches Können und Praxis in führenden internationalen Häusern (u. a. Rumpelmayer/Nizza und Demel/Wien) und tatkräftigst unterstützt von seiner von der Wiener K. u. K. Hofzuckerbäckerei Gerstner kommenden Gattin Hermine, gelang es Jean Grellinger das Unternehmen zu einem der führenden Gmundner Gastbetrieb aufzubauen und sich jenen Namen zu schaffen, der die Café- und Confiserietradition des Hauses begründen sollte.
Jean Grellinger wurde alsbald königlich-herzoglicher Hoflieferant der Fürstenhäuser Cumberland-Hannover, Braunschweig-Lüneburg, der spanischen Bourbonen und Toscana, die zu dieser Zeit ihre Exilhofhaltungen in Gmunden bzw. Altmünster führten.
Seit 1930 hatte man im Nebenhaus sogar einen „Raucher-Salon" gepachtet.
Jean Grellingers Sohn Johann Grellinger wurde in alter Familientradition als Nachfolger aufgebaut. Er ging - wie schon sein Vater zuvor - ebenfalls zu Rumpelmayer nach Nizza. Doch da er in Gmunden einer jungen Anwaltsgehilfin die Ehe versprochen hat, kehrt er zurück. 1938 übernahm er mit Mathilde die Konditorei.
Doch mit Kriegsbeginn wurden die Zeiten schlecht. Wie soll man die Qualität halten, wenn die wichtigsten Zutaten fehlen? Eine Sonderzuteilung für Zucker der Konditoren-Innung von Linz weist z. B. einmal im NS-Landkreis Gmunden 23 Konditoren aus. Johann Grellinger erhält 100 Kilogramm, Viktor Zauner werden hingegen 550 bewilligt. Aber auch die schreckliche NS-Zeit hat ein Ende, und in Gmunden kehrt langsam die Vorkriegskundschaft wieder ein. Neue Liebhaber müssen aber gegen die herrschende Not erst gewonnen werden.
1973 übernahm Sohn Hans Georg Grellinger mit seiner Frau Arntraute das Haus. Er konnte ebenfalls auf eine erstrangige Ausbildung verweisen. Honold in Zürich, Hanselmann in St. Moritz, Filips Hovkonditorei Stockholm und der Heiner in Wien lauten die Stationen seiner Approbation. Plötzlich riss ihn aber sein versagendes Herz aus dem Leben. Arntraute Grellinger führte das Geschäft solange weiter, bis sie den passenden Nachfolger gefunden hat.
Am 1. Mai 1986 überschrieb Frau Arntraute, die letzte „Grellinger“, ihr Café an Wolfgang und Hildegard Brenner. Internationale Erfahrung prägt damit bis heute die Geschichte der Konditorei. Der junge Meister, der von seiner ersten Konditorei im nahen Vorchdorf nach Gmunden kam, hatte bereits als erster Patissier im Wiener Imperial reüssiert. Ab 1. August 2019 folgt Sohn Sebastian Brenner den Eltern nach.
In diesem „Kleinen Café mit Atmosphäre" hielten schon im „Fin de Siècle" die zahlreich anwesenden Künstler Cercle - bei „Creme de jour Mokka“, Gefrorenem, feinsten „Entremets" und „Bonbons fins“. Nachweislich kritzelte Peter Altenberg mehrmals seine literarischen Ergüsse und Bonmots auf eine Marmortischplatte, und es ist nicht ausgeschlossen, dass Ralph Benatzky, der mit seiner Gattin, der Diseuse Josma Selim, drei Jahre lang während der Sommermonate 1917, 1918 und 1919 als Untermieter im Hause der Konditorei Grellinger logierte, hier Inspiration für „A Mehlspeis..." gefunden hat.
Peter Altenberg Ralph Benatzky
Später traf sich Hugo von Hofmannsthal hier mit Max Mell; Arthur Schnitzler schwärmte für dunklen Kakao, Richard Strauss vermied - trotz allem „linienbewusst" - Schlagobers. Auch in den zwanziger Jahren kommen die Künstler ins Haus. Am öftesten der Komponist Erich Wolfgang Korngold. Er hat von seinem Schlösschen Höselberg in Gschwandt nicht allzu weit. Im Mai 1927 ist er nach einem kleinen Braunen endlich zu einem Eintrag ins Gästebuch bereit: Er zeichnet Noten und die dazupassende Textzeile: „Glück, das mir verblieb, Rück zu mir, mein treues Lieb…“ und darunter „Die tote Stadt".
Auch der bekannte Haudegen Slatin Pascha hielt sich öfters in Gmunden auf, wohl nicht nur, um wie viele andere die Leckereien der Konditorei Grellinger zu genießen. Er besaß ja seit 1897 eine Villa in Traunkirchen und kam jeden Sommer von Schwarzafrika an den Traunsee und dabei auch immer mal nach Gmunden.
Zu allen Zeiten lieben die Schauspieler/- und Sänger/-innen den Grellinger: Maria Jeritza, Klaus Kinski, Hildegard Knef…. 1938 widmet der süß verzauberte Ufa-Star Zarah Leander den altgewordenen Grellingers einen herzlichen Foto-Gruß unterschrieben mit „Meinen Freunden".
Auch der Atomphysiker Wernher von Braun besuchte - Jahrzehnte später - das Haus, hatte aber immer nur Zeit für einen „Steh-Expresso" und ein Autogramm!
Das wiederholt in in- und ausländischen Publikationen zitierte Grellinger-Gästebuch ist ja wirklich für Gmunden zu einer Art kulturhistorischen Dokumentation geworden, spiegelt es doch nicht nur die Anziehungskraft des Traunsees wider, sondern es ist auch mit ein Bindeglied von der großen Kurstadtepoche zum modernen Tourismus.
In der Salzkammergut-Ausgabe der deutschen Reisezeitschrift MERIAN Heft 1, 31 Jahrgang, aus dem Jahr 1978 wird es beispielsweise neben dem Ischler „Zauner" und dem Mondseer „Frauenschuh" als „traditionsreicher Glanzpunkt typisch österreichischer Gastlichkeit“ und wegen der Qualität der Erzeugnisse hervorgehoben.
Fotos aus der Website der Konditorei Grellinger:
Eingangsbereich und Auslage heute
Alte Aufnahme von der Konditorei Grellinger aus dem Jahr 1898
Eintrag von Korngold im Gästebuch im Mai 1927:
„Glück, das mir verblieb, rück zu mir, mein treues Lieb…“
und darunter „Die tote Stadt".
Der Satz ist eine Textzeile aus dem Libretto der Oper „Die tote Stadt“.
Diesen Beitrag hat Holger Höllwerth mit Unterstützung von Frau Hildegard Brenner gestaltet.