Kammerhofgasse

Die Kammerhofgasse mit ihrer Fortsetzung über den Rathausplatz und die Theatergasse stellte früher sicher eine der wichtigsten Straßenabschnitte der Altstadt dar.
Der gesamte Verkehr von und nach den östlich gelegenen Ufer-, Stadt- und Landesteilen erreichte „die Stadt“ nur über die Traunbrücke – nicht umsonst ist auf alten Karten noch „Straße nach Linz“ oder „Straße nach Steyr“ zu lesen. Die Traunbrücke und somit die angrenzende Kammerhofgasse war der letzte Flussübergang vor dem inneren Salzkammergut und der Rathausplatz samt Kammerhofgasse und Traunbrücke waren für die Lagerung und den Abtransport des Salzes von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Die nächste Straßen-Brücke in nördlicher Richtung war viele Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte erst beim Traunfall.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass in diesem Straßenzug große und prächtige Gebäude entstanden – die es hier kurz darzustellen gilt. 

An den meisten Häusern der Kammerhofgasse sind Hinweistafeln auf die hier verlaufende Pferdeeisenbahn , auf denen die Bedeutung dieser Häuser in der damaligen Zeit beschrieben ist, angebracht.

                           
Die Kammerhofgasse um 1910
aus: Spitzbart: Ansichten Bd. I S. 22

Anmerkung: die Straßenbezeichnung wurde in der Vergangenheit öfters geändert (Mittelviertel, Spitalviertel, Am unteren Platz, Stadtplatz), ebenso die Hausnummern. Es wird in der folgenden Betrachtung daher von den aktuellen Hausnummern ausgegangen!

Rechte Seite: vom Rathausplatz her gesehen; mit geraden Hausnummern

Kammerhofgasse 2 / Rathausplatz 7


Als Besitzer werden ab 1533 vor allem Salzfertiger genannt. Das Gebäude wurde – nachdem es 1894 das Konsortium Franz Poll, Franz Margelik und Josef Vesco gekauft haben, 1895 abgerissen und neu aufgebaut. Das ehemalige Rotmarmorpotal wurde im Inneren des Hotel Schwan wieder eingebaut. Im Erdgeschoss war viele Jahre die Oberbank (Bank für Oberösterreich und Salzburg) untergebracht, jetzt ist dort ein Kosmetikgeschäft und Teile der Stockwerke werden vom benachbarten Hotel Schwan verwendet. In den 1980 er Jahren wurden – wie in der Kammerhofgasse bei den meistern Häusern – Fußgänger-Arkaden eingebaut, 2020 wurde der Dachboden ausgebaut und ein eigener Zugang in der Arkade entlang der Kammerhofgasse geschaffen.

Kammerhofgasse 4  / Schleißgasse 2

   
rechtes Bild:  Süßwaren Gerlich 1958, aus Wagneder, Gemischtwarenhandlung etc. S. 20

Als erster Besitzer wird 1595 Christoph Hiltl genannt. Sein Beruf ist nicht genannt. Ab 1660 waren die Besitzer Salzfertiger und Lebzelter (daher wurde das Objekt auch „Lebzelterhaus“ genannt). Bis 1771 und ab 1826 gehörte dieses Objekt dem gleichen Besitzer wie das seeseitige Gebäude Schleiß-Gasse 4.
Seit ca. 1904 gehört diese denkmalgeschützte Liegenschaft den Familien Vesco-Schedenig, die hier neben einem Spielwaren- und Ledergeschäft auch ein Wäschegeschäft betreiben. Früher war hier auch die Konditorei Gerlich untergebracht. Der lebensgroße Nikolaus in deren Auslage brachte viele Jahre die Kinderaugen zum Glänzen.

Kammerhofgasse 6-8-10 / Schleißgasse 1

      
Bei diesem riesigen Gebäudekomplex handelt es sich um den eigentlichen Kammerhof, der seit Jahrhunderten im ärarischen Besitz war und das Amtsgebäude des Salzamtmannes war. Seit 1870 ist das Gebäude im Eigentum der Stadtgemeinde, allerdings wurde der der Schleiß-Gasse zugewandte Teil (bis zum See reichend) erst 1845 errichtet und 1950 an Herrn Löberbauer (Eigentümer der Firma Höller-Eisen) verkauft. Details zu diesem dominierenden Gebäudekomplex sind den separaten Berichten „Kammerhof“ und „Trauntor“ zu entnehmen. In einem heute nicht mehr existenten Durchgang war der Butterkeller der Molkerei, das Feinkostgeschäft Brandhuber, Kupferschmied Putz und das Milchgeschäft Trawöger sowie im ersten Stock das Klavierhaus Wegner untergebracht. An der Kammerhofseite bzw. im Trauntor selbst hatten der Goldschmied Diller und der Teppich-/Vorhanghändler Bräu sowie die Firma Höller-Eisen ihre Lokalitäten.
Ab den 1960er Jahren wurde dieser Komplex total umgebaut und auch eine zweite Tor-Durchfahrt geschaffen bzw. der oben erwähnte Durchgang geschlossen (ist aber vom Museumplatz aus noch als Eingang ins Museum existent)

Linke Seite: mit ungeraden Hausnummern

Kammerhofgasse 1 

    
Dieses Haus wird urkundlich erstmals 1531 genannt und ist denkmalgeschützt. Von da an bis 1772 waren Salzfertiger die Besitzer, anschließend durchgehend Gastwirte. Es war bereits 1600 Herberge der Messerschmiede, 1730 die der „Salzstösser“ und 1836 die der Fleischhauer. 1778 wurde das Objekt mit dem Nachbarhaus vereinigt, bedeutend vergrößert und hieß seitdem „Hotel Zum goldenen Schiff“. Das Hotel besaß im ersten Stock einen Speisesalon und einen Gartenbalkon, ab 1841 einen eigenen Ball- und Theatersaal, in dem auch zahlreiche Wanderbühnen gastierten. Erstmals in Gmunden wurde in diesem Haus ein Gäste- und Fremdbuch aufgelegt. Eine lange Liste von Prominenz beweist die hervorragende Stellung als Unterkunft jener Zeit. Bis hinauf zu Kaiser Franz Joseph mit Gattin Sisi sind viele Namen aus Wissenschaft, Kunst und Kultur in diesem Buch zu finden. Das Hotel war das erste, beste und damals berühmteste Hotel der Stadt. Das Hotel errichtete Dependancen im Kammerhofgebäude (bis zum Ende des Ersten Weltkrieges) und ab 1896 auch im neu erbauten gegenüber liegenden Haus Rathausplatz 7 ein.

Geschichtlich interessant ist eine Gedenktafel an der Fassade, auf der erinnert wird, dass französischen Soldaten in den Jahren 1800, 1805 und 1809 Gmunden besetzten (Napoleonische Kriege). Ihr Hauptquartier befand sich in diesem Hotel.

In den 1960er Jahren eröffnete der spätere Besitzer/Betreiber Prechtl vom „Schloßhotel Freisitz Roith“ hier seinen Gastbetrieb („Buffet“), dem die Familien Socher und Gromnitza folgten, hatten Schüler aus der im Hotel Austria unterbrachten Gastgewerbeschule hier ihr Internat, hatte die Firma Julius Meinl im Erdgeschoß ihre Filiale vom Rinnholzplatz hierher verlegt. Derzeit sind ein Drogeriemarkt und ein ungarisches Gasthaus untergebracht.

Kammerhofgasse 3      


Das Gebäude ist denkmalgeschützt. Seit 1540 sind die Besitzer namentlich bekannt. Unter ihnen waren die Stadtgemeinde (1638-1666) und mehrere Generationen einer Postmeisterfamilie, weshalb das Haus auch „Postmeisterhaus“ genannt wurde. 1593 war hier die Herberge der Leinweber. Ab 1859 bis heute ist das Objekt im Eigentum der Hutmacherfamilie Haas. Bereits vorher gab es deren Werkstätte in der Linzerstraße. 1858 erhielt Hutmacher Haas von Herzog Ernst August von Cumberland den Auftrag, für sich und sein Gefolge einen speziellen Hut zu entwerfen. Daraus wurde der berühmte braune Cumberlandhut  mit dem grünen gedrehten Hutband. Berühmt ist auch der wunderschöne und großteils öffentlich zugängliche Innenhof dieses Hauses, der mit seinen offenen Arkaden über 2 Stockwerke und der steilen Außenstiege ein ganz besonderes Flair ausstrahlt.
Neben dem Hauseingang links war bis in die 1960er Jahre das Papier- und Zeitungsgeschäft Huber, im Hof hatte Frau Niess ihr Handarbeitsgeschäft, wo auch Nylon-Strümpfe repassiert werden konnten!!!!

  
Bildergebnis für www.haas-huete.eu          
entnommen Internet: www.haas-huete.eu

Kammerhofgasse 5  

    
rechtes Bild: Die Firma Guschl, aus: Schießer: Altgmundner Bilderbuch S. 119

1629 wurde der erste Besitzer (ein Salzfertiger namens Tunzensteiner) namentlich erwähnt. 1672 fiel das Haus wegen rückständiger Steuern an die Stadt Gmunden, welche daraus ein Bräuhaus machen wollte. Diese Idee wurde nicht verwirklicht – das Haus wurde vermietet. Schon im nächsten Jahr wurde aus diesem Haus eine Kaserne für die Gmundner Garnison. Es diente als „Hauptwache“ und wurde 1721 als Quartierhaus für die Mannschaften eingerichtet. Die Offiziere wurden in Bürgerhäusern einquartiert. Ab 1822 gab es wieder private Besitzer. Seit ca. 1914 gehört es der Familie Guschl. Das Haus steht unter Denkmalschutz. Erwähnenswert ist im Innenhof ein besonders schönes und großes gotisches 9-teiliges Fenster (siehe Foto) – ähnlich wie jenes im Kammerhof. Links neben der Toreinfahrt, wo heute ein Wäschegeschäfts ist, befand sich davor das Modegeschäft Feichtinger. Im ersten Stock war die Samenhandlung Wagner. Der Einbau der Arkaden vor dem Wäschegeschäft erfolgte 1980, jene beim Elektrogeschäft Jahrzehnte früher.

                                      
Guschl-Innenhof, gotisches Fenster und Guschl-Haus, Fassadentürmchen

Kammerhofgasse 7 



Ein im Durchgang zum Kolpingplatz montierter Anker erinnert an die Zeit als „Wirtshaus zum (goldenen) Anker“

Dieses heute denkmalgeschützte Objekt war über viele Jahrzehnte hindurch das „Wirtshaus zum goldenen Anker“. Urkundlich ist es erstmals 1612 erwähnt. Meistens waren auch hier die Eigentümer Salzfertiger bzw. ab 1838 Gastwirte. Bis zum Jahr 1661 gehörte zu diesem Objekt auch das rückwärts anstoßende Haus Marktplatz 16. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhundert wurde im hinteren Teil des Dachbodens des Gasthauses ein Theater-Raum eingerichtet. Die Erlöse aus den Aufführungen wurden an das Armeninstitut gespendet.

Wesentliche Details zur Geschichte dieses Hauses sind einer Schautafel im Durchgang zum Kolpingplatz zu entnehmen. 1820 war in diesem Haus die Herberge der Schiffleute. Ein Detail aus der jüngeren Geschichte ist, dass 1945 ein amerikanischer Panzer die Fassade dieses Objektes beschädigte.
1951 wurden die ebenerdigen Gasträume in ein Verkaufslokal der Schuhfabrik Hecht umgebaut, das Obergeschoß blieb bis 1968 als Pension Müller aktiv. Anschließend war im ersten Stock der Friseursalon Stiegler. Auf der rechten Seite war das Taschengeschäft Grabner. 1968 erwarb Josef Fürlinger (Betreiber der Kammerhof-Bar im Nachbargebäude) das Objekt, 1991 wurde die Passage zum Kolpingplatz errichtet und das Gesamtobjekt 2008/2009 generalsaniert. Bis zuletzt waren Schuhgeschäfte in diesem Haus eingemietet.
Im Hof ist ein Geschäft für Geschenkartikel.

Kammerhofgasse 9 / Traungasse 1      

      
rechtes Bild: Das Café Gerlich im Haus Kammerhofgasse 9, o. J.
Sammlung R. Henter, aus Bericht über Traungasse auf "gmundens-schaetze".

Seit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1597 sind Gastwirte die Eigentümer dieser Liegenschaft.
Nachdem das Haus 1703 Herberge für Seiler gewesen war, erhielt es mindestens ab 1858 die Gasthausbezeichnung „Zur goldenen Kanone“. Dieser Name wurde gewählt, weil in der Hausmauer an der Traungasse Reliefs einer Kanone angebracht war.
Diese erinnert daran, dass auch in diesem Gebäude einst Soldaten einquartiert waren. (Anm: 1956 waren noch 2 Kanonen-Reliefs angebracht.) In der Ecke zum Haus Nr. 7 war 1952 weiters eine Statue eines Gnoms zu sehen – siehe Fotos Wagneder  im Bericht über die Traungasse)
Besitzer: ab 1839 Gastwirtfamilie Huemer; ab 1854 Gastwirtfamilie Pürstinger; ab 1867 Gastwirtehepaar Narbeshuber;
ab 1894 bis in die 1940er Jahre Gastwirtehepaar Lampl
Dieses Haus nutzte einmal auch die Konditorfamilie Gerlich.
Seit den 1940er Jahren war darin das Café Kammerhof. Es besaß zuerst Frau Friedl, ab den 1960er Jahren Herr Fürlinger. Noch in den 1950er Jahren war das Lokal der amerikanischen Besatzung vorbehalten Seit den 1990er Jahren ist das Haus im Besitz von Herrn Rabl. Der Betrieb nennt sich nun L`Bar.

Optisch beeindruckend ist nach wie vor (vom Rathausplatz kommende) der „sack-gassen-ähnliche Abschluss“ der Kammerhofgasse beim Trauntor.

     
rechtes Bild: Spitzbart: Ansichten Bd. I, S. 19

Die Gebäudeformation zwischen Traungasse (Buchinger-Haus) – Kösslmühlgasse – An der Traunbrücke (Spitalkirche) und Kammerhof-Komplex ist faszinierend und hat durch den Einbau des 2. Trauntores keinen Schaden genommen.

Die Bürgerspitalkirche St. Jakob  ist die zweitälteste Kirche Gmundens, wurde um 1340 errichtet und gehörte zum nahe gelegenen „Bürgerspital“, einer sozialen Armeneinrichtung Gmundens. Ab dem 15. Jahrhundert diente sie als Hauskirche und Begräbnisstätte für Persönlichkeiten des Salzamtes im angrenzenden Kammerhof. Von 1891 bis 1911 wurde die neugotische Inneneinrichtung der Kirche in der Werkstätte des Bildhauers Josef Untersberger in Gmunden geschaffen. In den 1950er Jahren wurden hier noch Gottesdienste und Begräbnisfeierlichkeiten abgehalten. Heute ist sie ein Teil des Kammerhofmuseums unter dem Titel Spitalskirche St. Jakob. Auf der homepage gmundens-schaetze.at gibt es einen eigenen Bericht über diese Kirche.

Dieser Bericht wurde von Günther Stadlmayr zusammengestellt. Holger Höllwerth hat ihm dankenswerter Weise wesentliche Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Literatur:
Krackowizer, Ferdinand, Geschichte der Stadt Gmunden, Band IV, 1901
Gmunden-Taschenbuch (Hrsg. Musealverein), 2. Auflg, 2008
Prillinger, Elfriede, Von der Ansetz zur Wunderburg,
Schießer, Heinz, Altgmundner Bilderbuch, 2014
Höllwerth, Holger, unveröffentlichtes Manuskript, Kammerhofgasse und Theatergasse
Wagneder, Hans, Gemischtwarenhandlungen ….. 2017/18
Spitzbart, Ingrid, Gmunden in alten Ansichten, Band I 1992
Internet

Fotos:
Soweit nicht anders angegeben: Günther Stadlmayr